Zum Identitätskulturalismus

14. Juni 2021

Nein, ich habe keinerlei Ambition, mich der rechts-links-populistischen Anti-Identitätspolitik Hysterie anzuschließen, die derzeit im professionellen Meinungsbusiness grassiert und in Facebookkommentaren unter entsprechenden Beiträgen liberaler Zeitungen so gern und oft frenetisch beklatscht und weiter ins Extrem gezogen wird. Ich verabscheue die Erhabenheitsdemonstrationen, künstlichen Aufgeregtheiten und wohlfeilen Ausbeutungsbemühungen rechtsidentitärer Emanzipationshasser und linksidentitärer Proletenbeschützer, die reflexartig gegen begründete Begehrlichkeiten der Post Colonial/Critical Whiteness Mahner und engagierten Anwälte (jeweils Männer und Frauen) immer noch benachteiligter Personengruppen laut werden.

Auch wenn ich natürlich weiß, dass es kein gutes Leben im bösen gibt, sondern darauf ankommt, Verhältnisse zu schaffen, die weltweit allen ein gutes Leben erlauben, ohne dass dies die Grundlagen des guten Lebens aller zerstört, bin ich im Rahmen meiner bescheidenen Möglichkeiten gern auch Gutmensch so gut es halt geht und habe nichts gegen Anleitungen, ein noch aufmerksamerer, entgegenkommenderer, selbstkritischerer, also kurz, ein noch besserer Mensch zu werden

Vor allem habe ich nichts gegen einen Universalismus, der sich kritisch gegen das europäisch-nordamerikanisch-australische Selbstbild eines allein aufgeklärten und von modernen Werten bestimmten „Westens“ wendet, von dem aus es gerechtfertigt scheint, in herrenmenschlicher Gönnerhaftigkeit auf die „noch barbarische“ Restwelt zu schauen. Die universellen Menschenrechte sind nicht „westlich“. Sie sind universell. Sie zur Geltung zu bringen und vielleicht gar zu erweitern ist immer und überall ein sehr widersprüchlicher Prozess – abhängig von den gesellschaftlichen Produktions- und Interaktionsbedingungen sowie den dabei jeweils herrschenden Kräftekonstellationen.

Aber genau das gerät allzu oft aus dem Blick.

1.) Die unverschämte Erhabenheit einer antirassistischen Marxkritik

Die postkolonial-hautfarbensoziologische Dekonstrution von Karl Marx Betrachtung der „Lohnsklaverei“, wie unlängst in einem Interview geschehen, das der Taz Redakteur Ambris Waibel mit der Professorin für Kulturtheorie und Kulturwissenschaftliche Ästhetik Iris Därmann führte, ist so ein Beispiel.

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