Über Moishe Postones Bemühungen, Marx anders zu interpretieren (1)

13. Juni 2015

Die Welt und was daran zu verändern ist kann tatsächlich nicht aus dem begriffen werden, was sich die Menschen vorstellen. „Die wirklichen Individuen, ihre Aktion und ihre materiellen Lebensbedingungen“ (Anm. 1) kritisch verstehend in den Blick zu nehmen heißt, den Warensinn  zu bedenken, dem sie notgedrungen unterliegen und der uns alle antreibt. Soziales Vermögen ist heute wesentlich Kaufkraft. Weil menschliche Existenzsicherung und Bereicherung gegenwärtig vor allem auf die Produktion von Waren basiert, die sich auf dem Markt zu behaupten haben.und die nur im Tausch gegen das allgemeine Warenaneignungsmittel Geld erworben werden können, gilt als sozial schwach, wer über wenig Geld verfügt, Es ist allerdings nicht mehr zu übersehen, dass der von  Marx / Engels konstatierte Widerspruch zwischen dem gesellschaftlichen (immer mehr auch weltgesellschaftlichen) Charakter kapitalistischer Produktion und der privateigentümlichen (nationalstaatlich leidlich regulierten) Aneignung der Produktionsergebnisse nicht länger nur ein formaler Widerspruch ist, der im Gegensatz zu einem tatsächlich sozialen Gegensatz niemanden wirklich zu interessieren bräuchte.

Diese Entfremdung, um den Philosophen verständlich zu bleiben (Anm. 2) scheint nun tatsächlich zur unerträglichen Macht zu werden. Da aber auch der Unmut darüber notwendig borniert ist, da von der gegenwärtigen Unmöglichkeit bestimmt, die Ergebnisse des Produzierens, (sowie deren Qualität, Voraussetzungen, Mengen, Bedingungen, Risiken und Nebenwirkungen) in gemeinsamen Abstimmungsprozessen mitzubestimmen, wären Theorien bzw. Theoretiker*innen an sich sehr gefragt, die an Marx Analysen anknüpfend helfen, eine Perspektive der Emanzipation aus dem gegenwärtigen Warensinn zu finden.

Dass entsprechende Versuche nicht von heute auf morgen zu einem rundum brauchbaren Konzept führen, sollte auch nicht  verwundern. Das gilt auch für Moische Postones Bemühungen unter der Überschrift  „Marx neu denken“ (Anm. 3) Den Rest des Beitrags lesen »


Zu Althussers Kampf gegen sozialistischen Humanismus als Leitbegriff einer Theorie sozialer Emanzipation (2)

11. April 2015
Alles, was wir schreiben, ist natürlich von unserer Unerfahrenheit und unserer Unwissenheit geprägt: man findet da Ungereimtheiten und Irrtümer.  Unsere Texte und Formulierungen sind provisorisch und für eine Berichtigung bestimmt.In der Philosophie  ist es wie in der Politik: ohne Kritik keine Berichtigung.

Louis Althusser im Interview in Für Marx,  S. 341

Im ersten Teil dieser Erörterung hatte ich folgendes bemerkt:

Wie sehr die Theorie der „Diktatur des Proletariats“ als eine (fragwürdige) IDEOLOGIE  funktioniert(e) zeigte sich nicht zuletzt daran, dass Althusser in „Für Marx“ das Selbstbild des Stalinismus als „Diktatur des Proletariats“ und die der Chruschtschow-Administration  als „Überwindung der Diktatur des Proletariats und im Übergang zum Kommunismus befindlich“ umstandslos für bare Münze nahm. Den Stalinismus nannte Althusser damals ein (verbrecherisches) „Überbauphänomen“ auf einem sozialistischen Fundament. Bei einem halbwegs wissenschaftlichen Herangehen müsste aber die Frage (gegebenenfalls neu) aufgeworfen werden, was denn damals die Realität dieses Übergangs ausmachte (und damit die Realität des Kommunismus, in die UdSSR Chruschtschows angeblich überging)

Einer der Gründe für diese aus heutiger Sicht recht seltsam anmutende Idealisierung der sowjetischen Wirklichkeit der 1960er Jahre scheint mir in Althussers damaliger Weigerung zu liegen, dem Begriff der „Entfremdung“ irgend einen Gebrauchswert für die „marxistische“ Theoriebildung zuzugestehen. Aber wie sollte die gehen, ohne systematisches Bemühungen um ein hinreichendes Verständnis der historischen Gestalt, Bedeutung und Notwendigkeit nichtkommunikativer, hinter den Rücken der Akteure ablaufender, nicht zwischenmenschlich vermittelter Verhältnisse zu den sozio-ökologischen Voraussetzungen und Wirkungen des eigenen Handelns? Und wann und wodurch diese „Entfremdung“ unerträglich und (kommunistisch?) zu überwinden ist – und tatsächlich auch (kommunistisch!) überwunden werden kann?

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Verstaatlichung = Sozialismus?

13. Januar 2009

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Schließlich haben wir gezeigt, daß die Aufhebung des Privateigentums und der Teilung der Arbeit selbst die Vereinigung der Individuen auf der durch die jetzigen Produktivkräfte und den Weltverkehr gegebenen Basis ist. Innerhalb der kommunistischen Gesellschaft, der einzigen, worin die originelle und freie Entwicklung der Individuen keine Phrase ist, ist sie bedingt eben durch den Zusammenhang der Individuen, ein Zusammenhang, der teils in den ökonomischen Voraussetzungen besteht, teils in der notwendigen Solidarität der freien Entwicklung Aller, und endlich in der universellen Betätigungsweise der Individuen auf der Basis der vorhandenen Produktivkräfte.

Es handelt sich hier also um Individuen auf einer bestimmten historischen Entwicklungsstufe, keineswegs um beliebige zufällige Individuen, auch abgesehen von der notwendigen kommunistischen Revolution, die selbst eine gemeinsame Bedingung ihrer freien Entwicklung ist.

Marx/Engels: Die deutsche Ideologie, MEW Bd. 3, S. 425

 

„Den Eindruck einer Verstaatlichung der Commerzbank versucht man in Berlin zu vermeiden“ vermeldete Nicola Liebert in der Taz vom 10.1.09 Und:

Der SPD-Vorsitzende Franz Müntefering betonte im ZDF, es handele sich keinesfalls um eine Teilverstaatlichung und die Bundesregierung werde „auf die Geschäfte keinen Einfluss nehmen“. Ein Sprecher des Bundesfinanzministeriums führte aus: „Es wäre völlig fatal, wenn eine Regierung in solcher Situation versuchen würde, auf das operative Geschäft Einfluss zu nehmen.“

Dem Bericht zufolge hat der Bund bereits 18 Milliarden € in die Commerzbank gesteckt – für ein Unternehmen, dass an der Börse zur Zeit des „Eingriffs“ nur noch 3,8 Milliarden Euro wert war. Dafür verfügt der Deutsche Staat nun über ein Viertel des Aktienbestandes, das aber um Himmels Willen nicht für politische Richtungsentscheidungen (etwa zur Förderung von Klimaschutzprogrammen) genutzt werden soll.

Das zeigt, wie durch und durch „kapitalistisch“ diese Teilverstaatlichung verläuft und im Übrigen wie viel neoliberale Ideologie immer noch im Spiel ist.  Eine Entideologisierung der Frage nach dem (möglichen) Sinn von Staatsunternehmen, und unter welchen Voraussetzungen (!) sie mehr soziale Steuerung ermöglichen könnten, wäre allerdings notwendig.

Natürlich ist Michael Heinrichs Einwand (in der Taz vom 14.01.09) richtig, dass an sich  „eine Verstaatlichung lediglich die Akteure austauscht, ohne die Struktur anzutasten“, und dass es darauf aufkommt, die Spielregeln zu verändern nach denen Reichtum heute weltweit produziert und angeeignet wird.

Allerdings: Wenn Banken to big to fail sind und durch Staatsgarantien gerettet werden müssen, weil sonst deren Pleite den gesamten Zahlungsverkehr zum Erliegen bringen kann, liegt die Frage nahe, ob so ein riesiges Erpressungspotenzial in privaten Händen gut aufgehoben ist. Und es stellt sich die Frage,  wie  es unter diesen Umständen mit der gesellschaftlichen Macht zur Anpassung  der Spielregeln an soziale und ökologische Anforderungen bestellt ist.

Der Fehlanreiz, den so eine Pleiteversicherung für das Risikoverhalten der Privatakteure hat, ist außerdem nicht unähnlich der von  „neoliberaler“ Seite (einst) vorgebrachten Argumente gegen jede Staatswirtschaft.  Der auf die staatliche KFW zeigende Finger (dessen Risikoverhalten in der Tat von dem sicheren Gefühl eigener Unsinkbarkeit beeinflusst sein mag) entkräftet die Frage nach einer systematischen Fehlsteuerung durch übermächtige Privatunternehmen aber nicht wirklich.

Das heute selbst vom verbohrtesten Marktliberalen (wie etwa Hans Werner Sinn) zugestandene „Marktversagen“ lässt ganz selbstverständlich nach neuen Formen der Regulierung bzw. der  sozialen Kontrolle der Finanzmärkte suchen, die deren Risiken abmildern sollen.  Zugestandenes  „Staatsversagen“ wirft dagegen so gut wie nie die Frage auf, welche bessere Regulierungen bzw.  bessere soziale Kontrollen und Anreize es für das Handeln von  Staatsunternehmen geben könnte.

Nahe liegend wäre eine möglichst Ideologie freie Suche nach einer zeitgemäßen, Problem bewussten Antwort auf die Frage nach Notwendigkeit, Form und Inhalt von sozialer Kontrolle bzw. Mitbestimmungskompetenz.

In einem aktuell sichtbaren Fall: Kann eine sozial und umweltverträgliche Wärmeversorgung garantiert werden, wenn ein einziges Unternehmen (Gazprom)  in der Lage ist, ganzen Weltregionen seine Bedingungen zu diktieren? Ist hier nicht genauer nach Inhalt und Form der sozialen Kontrolle der staatlichen Aktienmehrheit zu fragen? Und wäre im Angesichts schmelzender Polkappen, Nahrungsmittelkrisen, Überfischung und Biodiversitätsverluste ein weltweites öffentliches Ressourcenmanagement unter der Regie einer reformierten UNO sooo undenkbar?

Überzeugene Argumente für eine Verstaatlichung der Banken führt der Chefökonom des DGB Dirk Hierschel im Handelsblatt ins Feld.  Nur so könne nicht nur eine „Kernschmelze“ der Banken verhindert, sondern auch  ein Minimum an sozialer Kontrolle und Schutz vor Sozialisierung garantiert und verhindert werden, dass  „Sachzwänge“ entstehen, die die Sozialisierung der Verluste zementieren.

Handelsblatt vom 07.04.2009
Der ökonomische Gastkommentar

Verstaatlicht die Banken!

von Dierk Hierschel

Die Verstaatlichung ist der effektivste Ausweg aus der Bankenkrise. Sie ist die billigste, risikoärmste und hinsichtlich der Lastenverteilung gerechteste Möglichkeit. Die Banken müssen nicht ewig in Staatshand bleiben. Aber zumindest so lange, bis sie die Kosten des Rettungseinsatzes erwirtschaftet haben.

Michael Jäger denkt im Freitag laut über eine Enteignung der Immobilienbesitzerin von Karstatt nach. Ein Gedanke, der das Geschäftsmodell „Unternehmen kaufen, dessen Immobilien an eine Tochterfirma verkaufen,  die das Unternehmen mit Wuchermieten in die Pleite treibt“ von vornherein mit einem gewissen Risiko behaften würde. Ja, warum nicht?

Die Angestellten von Karstadt müssen für Wuchermieten aufkommen. Da zeigt sich denn doch, dass Staatshilfe sinnvoll wäre, nämlich eine Enteignung des Vermieters nach Artikel 14 des Grundgesetzes. Schade, das haben die Grünen nicht gefordert, aber tat es denn statt ihrer die SPD?

Michael Jäger im Freitag vom 18.6.09

Marx zum Thema Verstaatlichung (1)


Sind wir des Warensinns?

23. November 2008

Über strukturelle Voraussetzungen eines hinreichenden Bedürfnisses zur Verbraucheraufklärung

marxhandy

Wer die Wahrheit übers unmittelbare Leben erfahren will, muß dessen entfremdeter Gestalt nachforschen, den objektiven Mächten, die die individuelle Existenz bis ins Verborgenste bestimmen.
Theodor W. Adorno  Minima Moralia, Reflexionen aus dem beschädigten Leben
„… der Kapitalismus ist schon in der Grundlage aufgehoben durch die Voraussetzung, daß der Genuß als treibendes Motiv wirkt, nicht die Bereicherung selbst.
Marx: Das Kapital, MEW Bd. 24, S. 123

Bei der Suche nach Antworten auf Fragen nach strukturellen Hintergründen einer bornierten „Geiz ist geil“  Moral gehören Marx Ansichten des Fetischcharakters der Ware“ auf den Tisch, der  „sobald er als Ware auftaucht, auf dem Kopf zu stehen scheint und aus seinem Holzkopf heraus Grillen entwickelt“.

In der Regel müssen moderne Bürger von Welt das zum guten Leben Notwendige weder eigenhändig der Natur ihrer unmittelbaren Umwelt abtrotzen noch müssen sie für die sozialen bzw. ökologischen Kosten gerade stehen, die das Abtrotzen mit sich bringt. Die Kaufkräftigen aller Länder scheinen auf Ewig von der Sorge befreit, ob und wie sie es schaffen, die Kräfte der Natur für die eigenen Nachkommen zu bewahren oder anzureichern. Stets volle Regale bieten keinen Anlass, sich um die Zukunftsfähigkeit der Naturkräfte zu sorgen, die das Begehrte auf ewig zuverlässig bereit zu stellen scheinen.

Auch der kleine Bürger-König-Kunde von der Straße profitiert – zunächst- von Überfischung, Bodenverwüstung oder dem Raubbau an menschlicher Arbeitskraft. Aus Sicht eines Großeinkäufers, Weiterverarbeiters oder Endverbrauchers scheinen unangenehme Folgen der Übernutzung von Naturkräften auszubleiben, solange sie durch die Erschließung immer neuer Quellen des Wohlstandes kompensiert werden können. Natürliche Grenzen des „Nachwachstums“ scheinen aufgehoben.

Endstation Warensinn?

Die vom Politikwissenschaftler Francis Fukuyama geäußerte Vorstellung vom „Ende der Geschichte“ lebt möglicherweise von dieser Illusion. Warenverkehr versetzt das moderne Bewusstsein in in eine bequeme Lage. Das Losgelöstsein von der Last der Wahrnehmung unangenehmer Voraussetzungen oder Wirkungen des Konsumierens bestimmt offenbar auch den Horizont des philosophischen Zeitgeist, der nicht sieht, dass häufig kein Gras, (Regenwald oder Fisch) mehr nachwächst, wo menschlicher Fortschritt auftritt und sich das unbekümmert als ewiger Kreislauf vorgestellte „Ende der Menschheitsgeschichte“ in einer ökologischen Abwärtsspirale bewegt.

Vielleicht war Karl Marx hier doch weitsichtiger. Für ihn beginnt (!) die Geschichte der Menschheit erst, wenn die entscheidenden Fragen des „Was?“, „Wer?“, „Wo?“, „Wie?“, Wieviel?“, „Wem?“ und „Warum?“ der Produktion – im Großen und Ganzen – in gemeinsamen Abwägungsprozessen entschieden werden können und müssen. Nur in so weit die Menschen die Freiheit besitzen, sich gegenseitig zu nötigen, die soziale und ökologische Vernunft (Verträglichkeit, Nachhaltigkeit) der beabsichtigten Produktionsziele und -methoden zu belegen, kann von einer wirklich gemeinsam handelnden „Menschheit“ die Rede sein. Wie viel Marktwirtschaft zur Herstellung einer solcherart gemeinsam handelnden Menschheit möglich oder auch notwendig ist, mag dahin gestellt sein. Fest steht: Solange eine in ihrer sozialen und ökologischen Wirkung weitgehend blinde Konkurrenz (und damit vor allem die Einsparung von Arbeitsaufwand) die Entscheidungen der Menschen über den Erfolg der Produktion (und damit de Vorsellungen ber deren „Richtigkeit“ bzw. „Rationalität“) bestimmen, treibt das den menschlichen Reichtum in einem unangenehmen Sinne „wie verrückt“ voran! Denn das Verrückte ist, dass den beteiligten Menschen der letztlich bewirkte Schaden (oder Nutzen) herzlich egal bleiben kann, solange sie selbst nicht unmittelbar betroffenen sind. Solange und soweit produzierter Nutzen (oder Schaden) jedoch als Privatsache gelten (kann), scheint auch das philosophische Denken vom Warensinn getrübt.

Geld stinkt nicht .

Warum rebelliert das menschliche (Un-) Rechtsbewusstsein so selten gegen das leichtfertige in Kauf nehmen selbst schwerer Verbrechen im Wortsinne mörderischer Produktionsbedingungen? Vielleicht fehlt es einfach an genau diesen Möglichkeiten, Produktion und Konsum gemeinsam, nach (welt-) gemeinschaftlich reflektierten Kriterien zu steuern. Denn ohne dem kann jedes Glied der globalen Produktions- und Konsumketten nur seinen borniert-privaten Vorteil (oder Nachteil) sehen mit der Folge, dass das durch Raubbau am Meer gewonnene Mehr an Meeresfruchtpizza sogar als Zugewinn an Gerechtigkeit erscheint.

Denn für mich sieht es so aus: ich habe mir die Pizza durch Arbeit redlich verdient. Ein Mehr an Pizza für das gleiche Geld ist für mich wie die Vermehrung des Ergebnisses eigener Mühen. Im Dunklen bleibt, dass nicht ich, sondern die Tier- und Pflanzengesellschaften des Meeres die Meeresfrüchte produzierten (und die endlose Kette fremder Arbeitsvorgänge, sie schließlich auf meinen Teller platzierten). Wie also soll ich riechen, dass mein Gerechtigkeitsgefühl aus Vorgängen gestrickt ist, die meine Mitmenschen arm und die Meere leer macht?

Geld stinkt nicht, und Frutti di Mare auf der Pizza schmecken nicht nach leer gefischtem Meer. Wir müssen offenbar erst mit der Nase darauf gestoßen werden.

Stinkt Geld doch?

Das geschieht etwa, wenn Greenpeace mit Tausenden der Sommerhitze ausgesetzter toter Fische, Krebse und Muscheln zeigt, dass eine Politik stinkt, die es zulässt, dass jedes Jahr allein in der Nordsee 700.000 Tonnen Meerestiere als Beifang völlig sinnlos sterben, weil sie nicht einmal im Hafen angelandet, sondern gleich wieder tot oder sterbend über Bord gekippt werden.“

Mit fair Trade zur Mitmenschlichkeit!

Aktionen für ökologisch und sozial verantwortungsvollen Konsum, wie etwa die Kampagne „Augen auf beim Blumenkauf,“ Fair Trade, umweltbewusstes Reisen, oder der Erwerb von Fisch mit Ökosiegel helfen weiter.

Die individuelle zur Kenntnisnahme und Zähmung des inneren Schweinehundes bei jeder Kaufentscheidung, die täglich mehrfache Entscheidung für oder wider höhere Warenpreise, die durch Mehraufwand für zukunftsfähige, faire Produktion notwenig werden, ist notwenig, lehr- und hilfreich.

Verantwortung öffentlicher Beschaffung

Der Effekt wäre größer, würden die öffentliche Hand und andere Großeinkäufer fair und umweltfreundlich einkaufen (müssen). Auch in diese Richtung gibt es viel versprechende Bewegung.

Zukunftsfähiges Nachfragen nach (oder durch) Mindeststandards?

Soziale und ökologische Kriterien bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen oder der Güter-Beschaffung durch die öffentliche Hand wären – insbesondere in Kombination mit der Frage nach der Erreichbarkeit globaler Nachhaltigkeitsziele  – ein großer Fortschritt bei der Entwicklung eines hinreichenden Willens zu einer sozial und ökologisch reflektierten Nachfrage nach zukunftsfähigen Formen der Produktion. Denn das Bedürfnis, nach der Zukunftsfähigkeit des eigenen Wohlstands zu fragen, wird sich nur in dem Maße entwickeln können, wie Regeln (und deren Anwendung) mit bestimmt werden können, die das mitmenschliche und ökologisch bewusste Handeln zur Normalität machen. Doch auch eine verantwortlich einkaufende „Öffentliche Hand“ wäre dafür nicht ausreichend.

Grad wo private Konkurrenz ums Schneller und Besser im Wortsinne mörderisch wird und sich die freundliche Dr. Jekyll Gestalt der unsichtbaren Hand privaten Aneignens zur Mr. Hyde Klaue zu formen beginnt, müssen soziale und ökologische Mindeststandards festgelegt werden, die weltweit gültig und deshalb in der Lage sind, Sozial- und Ökodumping durch drohende Sonderabgaben oder auch Verkauf von „Verschmutzungsrechten“ usw. zu verunmöglichen.

Erst die Möglichkeit zur Mitbestimmung sozialer Regeln, gibt (gäbe) Anlass, ernsthaft über die Gerechtigkeit dieser und jener Festlegung zu streiten, stachelt das Verlangen nach Informationen über die Grundlagen der zu treffenden Entscheidungen an, macht jede auch noch so privat erscheinende Nachfrage zu einem Gegenstand öffentlichen Nachfragens.

Erlöse aus „Verschmutzungsrechten“, Öko- und Sozialsteuern und -zölle (oder umgekehrt Gutschriften), die so einen Entwicklungsprozess steuern, müssten allerdings dafür eingesetzt werden, Nationen, Branchen usw., die ihre Konkurrenzvorteil bisher weitgehend aus dem Raubbau bzw. dem Mangel an sozialer und ökologischer Zukunftsfähigkeit gewinnen, den Umstieg in ein zukunftsfähiges (menschenwürdiges und naturverträgliches) Wirtschaften zu ermöglichen.

hkeulen(Globale) Notwendigkeiten und (regionale) Möglichkeiten müssen also berücksichtig und finanzielle Mittel wie Maßnahmen zur Förderung nationaler Umbauprogramme so in Zeit und Raum eingeordnet werden, dass auch die sozial und ökologisch problematisch produzierende Nationen in den Prozess einwilligen können. International gültige Mindeststandards und nationale Nachhaltigkeitsstrategien müssten also massentierhaltung macht billigHand in Hand geschaffen und finanziert werden.

Die Herstellung eines solcherart „gemeinsamen Menschheitsgeschichte“ könnte nur als Bündel geschichtlicher Prozesse geschehen, die bestehende oder bereits mögliche Ansätze fortsetzen. Das Kleine (zertifizierte Ökowaren, fair Trade oder freiwilliger Audit) darf aber nicht klein (d.h. auf privaten Goodwill angewiesen) bleiben und es käme darauf an, aus ihnen Regeln zu entwickeln, die aus der sozialen Nische, lebensweltlicher Moden und „Szenen“ heraus führen und auf Veränderungen im Großen und Ganzen abzielen.

Angesichts der rasanten Entwicklung von Nachfragemacht in Ländern wie China, Indien oder Brasilien bleibt für diese „historischen Veränderungsprozesse“ nicht allzu viel Zeit.

hh

Story of Stuff – German from UTOPIA AG on Vimeo.

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