„Schmeicheln wir uns indes nicht zu sehr mit unsern menschlichen Siegen über die Natur. Für jeden solchen Sieg rächt sie sich an uns (…).
Die Leute, die in Mesopotamien, Griechenland, Kleinasien und anderswo die Wälder ausrotteten, um urbares Land zu gewinnen, träumten nicht, dass sie damit den Grund zur jetzigen Verödung ihrer Länder legten, indem sie ihnen mit den Wäldern die Ansammlungszentren und Behälter der Feuchtigkeit entzogen.
Die Italiener der Alpen, als sie die am Nordabhang des Gebirgs so sorgsam gehegten Tannenwälder am Südabhang vernutzten, ahnten nicht, dass sie damit der Sennwirtschaft auf ihrem Gebiet die Wurzel abgruben; sie ahnten noch weniger, daß sie dadurch ihren Bergquellen für den größten Teil des Jahrs das Wasser entzogen, damit diese zur Regenzeit um so wütendere Flutströme über die Ebene ergießen könnten.
(…)
Und so werden wir bei jedem Schritt daran erinnert, daß wir keineswegs die Natur beherrschen, wie ein Eroberer ein fremdes Volk beherrscht, wie jemand, der außer der Natur steht – sondern dass wir mit Fleisch und Blut und Hirn ihr angehören und mitten in ihr stehn, und dass unsre ganze Herrschaft über sie darin besteht, im Vorzug vor allen andern Geschöpfen ihre Gesetze erkennen und richtig anwenden zu können.“
Engels: Dialektik der Natur, MEW Bd. 20, S. 452-453
Wie wird der Mensch ein Mensch?
Von einem ökologisch unreflektierten Fortschrittsglauben war Engels also bereits weit entfernt. Natürlich ist die entscheidende Frage, welche „richtige Anwendung der Naturgesetzte“ tatsächlich auch in Richtung ökologischer Nachhaltigkeit führt. Dies ist – gerade auch im Sinne Engels – zugleich eine Frage der (mit-) menschlichen Bestimmung ökologischer Nachhaltigkeit als auch die einer ökologischen Bestimmung des (Mit-) Menschlichen. Was aber ist (mit-) menschlich? Was macht die (weitere) Menschwerdung aus? Nach Engels entwickelt(e) sich das spezifisch Menschliche durch Arbeit, d.h. mit der Entwicklung der Fähigkeit, Nutzen und Schaden einer „Anwendung von Naturgesetzen“ vorherbestimmen zu können und zwar in doppelter Weise: einerseits gewinnen Menschen ihre Menschlichkeit durch die Entwicklung der Fähigkeit, ideell mit bestimmen zu können, was (für wen?) ein Nutzen und was (für wen?) ein Schaden ist und andererseits materiell, d.h. durch die Entwicklung der Fähigkeit, den so oder auch so mit bestimmten Nutzen (oder Schaden) auch wirklich erreichen (bzw. vermeiden) zu können.
hhirschel
Hab zu dem Thema Marx und Umwelt auch ein paar Zeilen auf meinem Blog:
http://qummunismus.at/p/article11.html
Und dort auch das selbe Zitat gefunden.
Wichtig zum Verstständniss der Inkompatibilität zwischen Umwelt und Kapitalismus finde ich:
„Bastiat, Broken Windows, Klimakatastrophen und Kriege“ auf:
http://qummunismus.at/p/article4.html
lg mond.
Lieber Franz Schaefer,
entschuldige bitte die späte Reaktion. Habe grad erst entdeckt, dass es hier einen Spam-Ordner gibt. Dein Kommentar war dort fälschlich hinein gerutscht.
Die Öko-Marx Beispiele deines Blogs kenne ich. Werde sie demnächst auch hier wiedergeben. Sind sehr interessant.
In Einem möchte ich allerdings widersprechen:
Du hattest dort geschrieben:
“Was möglicherweise eine der Ursachen für die Umweltzerstörungen im so genannten „Realsozialismus“ war, ist ein falsch verstandenes Wertgesetz. (…) Betrachtet man also nur das Wertgesetz, verschwinden ökologische Aspekte aus dem Blickfeld. Wieviel Umwelt zerstört wird, wieviele natürliche Ressourcen unwiederbringlich verbraucht werden kommt in der Gleichung, zumindest wenn sie trivialisiert betrachtet wird, nicht mehr vor.”
So könnte man meinen, wenn man nicht nach den materiellen Bedingungen falscher Vorstellungen fragt. Interessant ist ja, warum die Protagonisten des “Realsozialismus” ihre eigene “politische Ökonomie” ausschließlich in Kategorien der Warentausch-Ökonomie darstellten, die ja nach Marx Ausdruck von Entfremdung sind.
Warum gab es keine öffentliche Debatte über die Einzelheiten der Entwicklung und Anwendung der Bereicherungsmittel? Keinen freien Diskurs darüber, für wen, was, wo, wie, mit welchem Aufwand, zu welcher Qualität, mit welchen Risiken und mit welchen – über kurz oder lang (wo, für wen) – zu erwartende Schäden etwas produziert werden soll? Das lag wohl vor allem daran, dass es an sozialer Akzeptanz der politischen Macht mangelte. Weil die demokratisch nicht legitimiert war, konnte sie ohne die Unterdrückung freier Meinungsbildung nicht auskommen. Jede freie Kritik hätte die Melange aus staatsparteilichem Gewaltapparat, Produktionsmittelbesitz und Volksschauspiel gefährdet. Die Handlungsgrundlagen der staatlichen Planungsbehörde waren Staatsgeheimnis – ebenso wie alle für den Umweltschutz relevanten Daten. Sozialismus, d.h. die Verallgemeinerung der Möglichkeit mit zu bestimmen, welcher Nutzen wie und für wen hergestellt werden soll, (und welcher Schäden für wen wie zu vermeiden wäre), kann so natürlich nicht gedeihen.
Von Engels: Siege über die Natur oft wenig schmeichelhaft!, 2008/09/23 at 2:24 Uhr nachmittags
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[…] Engels: Dialektik der Natur, MEW Bd. 20, S. 452 […]