Zur „Ökosozialistischen Konferenz“

Die vom  SALZ und der Rosa Luxemburg Stiftung organisierte Ökosozialistische Konferenz in Kassel ist nun Geschichte. Sie unterstützte das „Ökosozialistische Manifest“ und hinterließ auch eine eigene Erklärung: „Für eine ökosozialistische Wende von unten! Ich war nicht dabei, werde mich aber nun nach und nach den Ergebnissen und begleitenden Texten zuwenden und das Eine oder Andere hier auch – soweit es mir zeitlich möglich ist – kommentieren.

Vorweg ein Pressepiegel

Hans-Gerd Öfinger im ND vom 15.03.2010:

Wie schafft man ökologischen Sozialismus?

Über Wege zu einem umweltfreundlichen, antikapitalistischen Gesellschaftssystem

Interessant hier vor allem die Wiedergabe der Position von Klaus Egert zur Planwirtschaft, die ich – in diese  Allgemeinheit – teile.

»Eine ökologisch verantwortbare Wirtschaftsweise ist nur unter der Voraussetzung einer gesamtgesellschaftlichen Planung möglich«, sagte der Mediziner und Ökosozialist Klaus Engert. »Kapitalisten machen keine Fünfjahrespläne. Sie planen teilweise erheblich länger voraus«, so Engert. Weil »gesamtgesellschaftliche Planung im Kapitalismus nicht funktionieren« könne, sei eine ökologisch verantwortbare Planwirtschaft erforderlich. »So viel Zentralismus wie nötig, soviel Regionalisierung wie möglich«, so seine Überzeugung.

Um Herausforderung richtig einschätzen zu können sei allerdings bemerkt, dass die Gesellschaft natürlich längst eine Weltgesellschaft ist und gesellschaftliche Planung daher – letztlich – auch weltweit zu geschehen hätte.

Der im ND kolportierten Meinung, dass mit der Maßgabe »so viel Zentralismus wie nötig, soviel Regionalisierung wie möglich« die Mängel der früheren zentralisierten Planwirtschaften des Rats für gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW) vermieden werden könnte,  scheint mir aber sehr (!) kurz geschlossen. Da wären wohl neben demokratische Plankorrektur-Mechanismen und echte Verallgemeinerung der Mitwirkung vor allem absolute Transparenz und öffentlicher, breit mitgetragener und repressionsfreier Diskurs zu nennen.

Johannes Birk am 16.03.2010 in der Jungen Welt

Kein Kapitalismus ohne Umweltzerstörung

Bildungsgemeinschaft SALZ diskutierte in Kassel über »Ökologie und Sozialismus«

Der Sozialismus als Weg aus der Umweltkrise

11.05.2010 Der «vorwärts» sprach mit Dr. Ingo Nentwig von der Bildungsgemeinschaft SALZ (Soziales, Arbeit, Leben und Zukunft). Er hat als wissenschaftlicher Beirat von SALZ an der Konferenz teilgenommen.

Zur Erklärung „Für eine ökosozialistische Wende von unten!

Der wissenschaftliche Beirat von SALZ lädt „alle ReferentInnen der Konferenz, den SALZ-Arbeitskreis für Ökologie & Sozialismus und die in die Debatte einbezogenen Interessenten“ herzlich dazu ein, mit ihm gemeinsam diese spannende Diskussion zu führen. Beiträge dazu müssen allerdings per Mail an michael.rieger[at]literaturundmehr[dot]net gepostet werden.

Wer nicht vom SALZ „einbezogen“ ist, dessen Texte aber gern in die eigen Perspektivfindung einbeziehen möchte, kann sich natürlich auch hier äußern.

Ein erstes Überfliegen der ökosozialistische Erklärung von Kassel zeigt, dass die Aussagen zu „Klima“ gegenüber den mir vorher bekannten Entwürfen gewonnen hat. Den folgenden Abschnitt allerdings empfinde ich so als kontraproduktiv

Die so genannten marktwirtschaftlichen Lösungen mit Biosprit und Handel mit Emissionsrechten verschärfen das Problem des Hungers in der Welt, von dem bereits eine Milliarde Menschen betroffen sind und verschaffen den Großkonzernen und großen Kapitalgruppen zynisch die Möglichkeit, auch noch ihre umweltvernichtenden Aktivitäten in klingende Münze zu verwandeln – zu Lasten des ärmeren Teils der Menschheit und insbesondere zu Lasten der Ärmsten der Armen, die die ersten Opfer der aktuellen und bevorstehenden Umweltkatastrophen sind. Angesichts der objektiven Grenzen des Wachstums erteilen wir jeder Wirtschaftspolitik eine Absage, die versucht, die derzeitige Krise durch Fortsetzung des Wachstumswahns und Konsumsteigerung zu lösen.

Es gibt gewiss viele gute Gründe, den Emissionsrechtehandel abzulehnen, aber mit falscher oder nicht wirklich begründeter Kritik wird man eher zum Teil des Problems als seiner Bewältigung.

Die Behauptung, dass Emissionsrechtehandel „das Problem des Hungers in der Welt“ verschärft, sollte nicht ohne zumindest einer Andeutung aufgestellt werden, wodurch das geschieht und wo man die Richtigkeit dieser Behauptung nachprüfen oder auch nachsehen kann, ob das ein Fehler im  oder  wirklich den Fehler des Systems Emissionsrechtehandel anzeigt.

„In klingende Münze verwandelt“ wird beim Emissionsrechtehandel – meines Wissens – nicht  „umweltvernichtende Aktivitäten“ sondern der Nachweis, eben dies reduziert oder eben dem entgegen gewirkt zu haben. Falls ich da was übersehen haben sollte, bitte ich um Aufklärung.

Möglicherweise gibt es „objektive Grenzen des Wachstums“. Aber die verschieben sich je nach Perspektive.  Oft kann etwas sehr wohl weiter wachsen aber der Preis dafür unerträglich sein. Womit man also wieder bei suvjektiven Wachstumsgrenzen ankommt – was im Übrigen auch nicht schlecht ist und zeigt, dass „Sozialismus als Wissenschaft“ mehr eine Angelegenheit der Soziologie ist als der Naturwissenschaft, auch wenn die natürlich nicht zu vernachlässigen ist.

Außerdem stünde es einer sozialistischen Erklärung gut zu Gesicht, wenn dort die Frage der sozialen Kontrolle darüber im Vordergrund stünde, was zu wessen Nutzen wachsen und was (aus Rücksicht gegenüber wem oder was) lieber schrumpfen soll.  Wird  stattdessen „der Wachstumswahn“ und „Konsumsteigerung“  angegriffen , ist das m.E. mehr Ausdruck der Entfremdung vom mitmenschlichen Getaltungsvermögen als Ausdruck ihrer öko-humanistischen Aufhebung.

Wer sich ökonomische Zwänge, die aus der freien Konkurrenz privater Unternehmen unwillkürlich  hervorgehen,  als schlechte Chraktereigenschaften („der Menschen“,  „des Westens“ oder – grade sehr modern – „des weißen Mannes“) vorstellt, oder als Ergebnis von Manipulation und erfolgreicher „Integration“ kann sich keine realistische Vorstellung von der zu bewältigenden Herausforderung machen.

hh

Posting vom 28.1.2010

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Einladung zu linker Öko-Konferenz

Am 18. März soll in Kassel über Ökosozialismus geredet werden. Spontaner Gedanke: Na wunderbar! Nichts wie hin.

Ein erster Blick auf den Einladungstext dämpft allerdings den Enthusiasmus.

„Auch die herrschende Politik macht den Wandel des Klimas zum Thema. Sie bestreitet jedoch den Zusammenhang zwischen kapitalistischer Produktions- und Lebensweise und den uns alle bedrohenden ökologischen Katastrophen.“

Ein neuer Fixstern am Firmament der Fetischbegriffe ist aufgegangen: die herrschende Politik.  Was für`n Ding? Offenbar ein mit eigenem Geist beseeltes Subjet, das über „uns“ (uns Untertanen?) schwebt wie einst der 7 Tage-Schöpfergott über den Wassern. Nur scheint dieses himmlisches Wesen mehr ein Unwesen zu sein, denn es bestreitet „jedoch den Zusammenhang zwischen kapitalistischer Produktions- und Lebensweise und den uns alle bedrohenden ökologischen Katastrophe“

Ja Donner! Das ist wirklich gemein! Das werden wir der herrschenden Politik nie verzeihen.

Ok, es kann also wieder heiter werden … 🙂

Noch so ein Ding:

„… die Interessen der herrschenden Klasse widersprechen den Gattungsinteressen.“

Nachdem die „eigentlichen“ Interessen „der Arbeiter“ als Objekt linker Fürsorge ausgedient haben, möchte man nun also die Gattungsinteressen gegen die Klasseninteressen der „herrschenden Klasse“ vertreten. Wer aber bestimmt, was „die“ Gattungsinteressen sind? Eine als solche handlungsfähige Menschheit, die in der Lage wäre, ein gemeinsames „Gattungsinteresse“ zu formulieren, ist noch eine Utopie.  Kapitalistische Behauptungsverhältnisse behindern in der Tat eine adäquate Wahrnehmung von Menschheitsproblemen. Aber das gilt nicht nur für die, die (inssoweit es die Konkurrenten zulassen) über Produktionsmittel (und damit über die Arbeit der lohn- und gehaltsabhängig Beschäftigten) herrschen sondern insbesondere auch für diejenigen, für die …

„… aus der Naturbedingtheit der Arbeit folgt, daß der Mensch, der kein andres Eigentum besitzt als seine Arbeitskraft, in allen Gesellschafts- und Kulturzuständen der Sklave der andern Menschen sein muß, die sich zu Eigentümern der gegenständlichen Arbeitsbedingungen gemacht haben“ und „nur mit ihrer Erlaubnis arbeiten, also nur mit ihrer Erlaubnis leben“ kann.

Marx: Kritik des Gothaer Programms, MEW Bd. 19, S. 15

Oder in den Worten Lafontaines

“Echte, solidarische, gesellschaftliche Verantwortlichkeit kann der Mensch in seiner Arbeit nur entwickeln, wenn er im Arbeitsprozess nicht entmündigt wird. Produktive Arbeit ist Umformung der Natur zu Gebrauchsgütern. Wer im Arbeitsprozess von jeglicher Verantwortlichkeit enteignet worden ist, der wird auch gegenüber dem Gegenstand seiner Arbeit, der Natur, nicht die notwendige Verantwortung empfinden. Daher müssen diejenigen, die für einen verantwortlichen Umgang des Menschen mit der Natur plädieren, dafür eintreten, dass solidarische Verantwortlichkeit im Arbeitsprozess entstehen kann.“

Gerade wegen diesem Umstand ist der im Einladungstext erwähnte These, dass „der Klimawandel eine Herausforderung für einen neuen Internationalismus“ sei, natürlich unbedingt zuzustimmen. Auch daher der Aufforderung „gemeinsam nach Ansatzpunkten für eine internationale demokratische Zusammenarbeit suchen“! Aber muss es das „Ökosozialistische Manifest“ sein?

Mal sehen, wie`s weiter geht

Gruß hh

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