Die Linke – Diskussion um Parteiprogramm bis Oktober

In der Zwischenzeit scheint sich ein wenig was getan zu haben bei der Programmfindung der Linken. In Sachen Ökologie soll es ein größeres Update gegeben haben. Also werfen wir ab und zu einen Blick in den neuen Entwurf.

Unter „Krisen des Kapitalismus – Krisen der Zivilisation“ heißt es

in Abschnitt 41:

„Kapitalismus von heute ist räumlich und zeitlich entgrenzt, er hat sich die ganze Welt Untertan gemacht“

Sätze mit „der Kapitalismus“ sollte sich die Linke ganz sparen. Er? Der über alles herrschende Dämon? Mein Herr und Gebieter, dem ich Untertan bin? So wird die gegenwärtige Phase der menschlichen Entwicklung bzw. Arbeitsteilung zum außermenschlich existierenden Ungeheuer. Eine Art Drachen der über uns gekommen ist, der die ganze Welt beherrscht.  Schaurie Geschichte! Bin gespannt, wie die LINKE sich den Drachentöter vorstellt.

 „Das Verhältnis zur Natur und fast alle menschlichen Beziehungen werden zu Warenbeziehungen.“

Aha, der Drache namens Kapitalismus hat also ein unnatürliches Verhältnis zur Natur und seine Untertanen mit einem bösen Zauber gebannt. Warenbeziehungen!  Einst waren wir Menschen! Aus lauter Spaß an der Freude haben wir uns den Spargel ausgegraben und  uns gegenseitig vor die Tür gelegt, haben uns gegenseitig Kitas gebaut und darin unsere Kinder betreut, haben uns Computer gebastelt und geschenkt. ja, bis der böse Drachen die Welt zu beherrschen begann und alle alles das nur noch gegen Geld machten. Eine furchtbare Geschichte! Wo soll das enden?

„Pflanzliche und menschliche Gene werden patentiert, damit der Allgemeinheit entzogen…“

Der „Allgemeinheit“ (wem?) entzogene menschliche Gene?  Die Genossen sollten etwas verständlicher schreiben, damit die Masse sie auch versteht. Es wird dann lang und breit aufgezählt, was alles so noch so wird.

„Multinationale Konzerne bestimmen die Preise, bestimmen was angebaut und gefördert wird, dominieren die Handelsketten.“

Ja, und? Sollen jetzt überall wieder kleine Kolonialwarenläden die Preise (und die Verkehrswegekilometer pro Ware) bestimmen? Und ließen sich erstere nicht sehr viel besser vergemeinschaften, d.h. einem (welt-)gemeinschaftlichen Ressourcenmanagement unterwerfen bzw. dahin gehend weiterentwickeln?

Unter diesen entfesselten kapitalistischen Bedingungen schlagen immer rascher und weitreichender Produktivkräfte in Destruktivkräfte um. Zugleich werden Arbeitsplätze vernichtet, Wohlstand zerstört und an der Natur Raubbau betrieben.

Abgesehen davon, dass alle Produktivkräfte in der Regel auch Destruktivkräfte sind und dies schon immer so war wenn sicher auch nicht im heutigen Maß als globales Problem, ist die pauschale Klage, dass Arbeitsplätze  „vernichtet werden“  ein uneträglich undialektischer und geradezu reaktionärer Moralquark. Wie er bei Drachenmärchen zu erwarten war.

Ich hielte es für vernünftiger, „Kapitalismus“ nicht aus den menschlichen Beziehungen hinaus zu definieren sondern als unsere gegenwärtig (weltweit) vorherrschende Form der Arbeitsteilung zu beschreiben, bzw. der Teilung von Arbeit, Genuss und Verantwortung sowie des Zweckbestimmungs- und Zugriffsvermögens auf gesellschaftliche bzw. natürliche Bereicherungs- bzw. Überlebensressourcen. Und dass wir so trotz oder gerade wegen ihrer hochgradigen Effizienz, Freiheit und damit Atraktivität für durchaus viele unwillkürlich Unerträgliches schaffen und unserer vorherrschenden Vergesellschaftungsweise einerseits mehr realpolitische, (ohne radikale Strukturveränderung machbare) Grenzen der Ausbeutung gesetzt und andererseits – womöglich – komplett von nach einer ganz neuen (globalen) Vergesellschaftungsweise ( bzw. nach Ansätzen, aus denen heraus sich diese herausbilden könnten) Ausschau gehalten werden muss, die einen rationalen Umgang mit den sich entwickelnden Produktivkräften erlauben.

Zur Natur (Siehe auch Was ist Natur?):

Was ist Natur anderes als das nicht von menschlicher Willkür geformte Dasein? Wobei zu bedenken ist, dass das willkürliche Umformen zentrales Element grad der menschlichen Natur ist und die Natur hierbei, wie Marx schreibt, human wird. Die der menschlichen Natur gemäße Willkür reicht auch stets nur zu einer gewissen Tiefe. (Selbst der Gen-Mais ist kein komplett menschliches Erzeugnis)  In so fern ist es durchaus angebracht, in den sich weitgehend hinter den Rücken der Akteure herstellenden Warenbeziehungen eine (ebenso weitgehend „)unmenschliche“ Naturgewalt zu sehen, die allerdings, wie alle auf den Menschen wirkende Naturgewalten Fluch und Segen vereinigt. Dies übersieht übrigens meist das kulturalistische Verlangen nach einer ganz anderen Kultur der Nachhaltigkeit in der gegenwärtigen ökologischen Umkehrliteratur.  Die historisch gesetzte Arbeitsteilung bzw. Aneignungsordnung ist dort meist kein Thema oder es wird sich vorgestellt, sie seien einer überhistorischen menschlichen Willkür unterworfen die willkürlich verändert werden kann.

Weiter geht es hier: Zum Programmentwurf der LINKEN

One Response to Die Linke – Diskussion um Parteiprogramm bis Oktober

  1. hhirschel sagt:

    Auf den NachDenkSeiten haben sich am 14. Juli 2011 äußert sich Wolfgang Lieb zum Parteiprogramm der Linken

    „Es fehlt ein Vertrauen schaffendes Bild der System-Alternative und es mangelt an einem vermittelbaren ökonomischen Modell jenseits kapitalistischer Produktionsbedingungen.“

    Weiter auf den NachDenkSeiten

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