Die Linke – Diskussion um Parteiprogramm bis Oktober
Es hat sich einiges getan bei der Programmfindung der Linken. In Sachen Ökologie hat es ein Update gegeben
Abschnitt 66
Die Zentralität der ökologischen Frage
„Der Kapitalismus wird sozialen Bedürfnissen, ökonomischen Herausforderungen und ökologischen Lösungen nicht gerecht. Er orientiert Entscheidungen auf immer kürzere Zeithorizonte. Es wird auf Wechselkursschwankungen, auf Kursänderungen von Wertpapieren und Aktien, auf Zinsdifferenzen und Veränderungen von Preisen für Immobilien und Ressourcen spekuliert. Entscheidungen mit längerfristiger Perspektive und die Berücksichtigung langer Zyklen der Natur stehen in tiefem Widerspruch zum kurzfristigen Profitkalkül.
Das Wachstum der vergangenen 250 Jahre basierte vor allem auf der Nutzung fossiler Energieträger, zunächst der Kohle und seit dem Beginn des 20. Jahrhunderts von Erdöl und Erdgas. Die Öl-, Kohle- und Gasreserven sind jedoch begrenzt. Der Höhepunkt der Förderung wird in absehbarer Zeit erreicht sein. Danach wird das Angebot von fossiler Energie rückläufig sein, während die Nachfrage infolge des immer noch riesigen Bedarfs an fossilen Energien in den Industrieländern und den Schwellenländern steigt.
Unter kapitalistischen Bedingungen wird dies die Preise der fossilen Energieträger und dabei auch die Profite der Energiekonzerne hochtreiben und auf diese Weise auch ihre gesellschaftliche und politische Macht weiter stärken.
Ohweh, der unverkennnbare Plapper-Jargon der LINKEN. Mal wieder wird der Kapitalismus (ein scheinbar außerhalb der menschlichen Verhältnisse hausender böser Dämon) mit schweren Vorwürfen konfrontiert. Er würde „sozialen Bedürfnissen nicht gerecht“! Wahrlich eine Ungeheuerlichkeit! Um welche sozialen Bedürfnisse es sich handeln könnte, bleibt allerdings der Fantasie der Leser/innen überlassen. Das gleiche gilt für die Frage, was die „ökonomischen Herausforderungen“ sein könnten, denen der Kapitalismus auch nicht gerecht werde. Eine wahre Meisterleistung im Sprechblasensatzbau aber ist der bittere Vorwurf an den Kapitalismus, dass ER „ökologischen Lösungen nicht gerecht“ würde.
Vielleicht bin ich nur zu ungeduldig, und später werden dann die von der LINKEN präsentierten ökologischen Lösungen, sozialen Bedürfnisse und ökonomischen Herausforderungen erläutert.Aber vorerst erfahren wir lediglich, dass im Kapitalismus auf allerlei spekuliert wird und dass von der LINKEN offensichtlich gewünschte „Entscheidungen mit längerfristiger Perspektive“ und die von der LINKEN offensichtlich ebenso gewünschte „Berücksichtigung langer Zyklen der Natur“ in „tiefem Widerspruch zum kurzfristigen Profitkalkül“ stehen. Ok, also unternehmerische Perspektiven nehmen nicht unbedingt Rücksicht auf ökologische Reproduktionszyklen.
Der Widerspruch zwischen den wirklich sehr langen Reproduktionszyklen fossiler Brennstoffe und den kurzfristigen Unternehmensinteressen soll nun im Falle eines erwarteten Rückgangs der Fördermöglichkeiten darin bestehen, dass unter kapitalistischen Bedingungen die Preise und damit die Macht des Kapitals steigen. (Ein Zusammenhang, der übrigens nicht unbedingt gegeben ist). Da fragt sich dann allerdings, wie die Linke nach einer (vom Volkszorn über höhere Energiekosten getragenen?) Verscheuchung des bösen Kapitalismus durch den netten „demokratischen Sozialismus“ eine Senkung der Energiepreise erreichen möchte und welchen ökologischen Mehrwert das Ganze haben soll.
Fortsetzung folgt
Abschnitt 67
[…] Zum Programmentwurf der LINKEN […]