Was ich life zu hören bekam, hatte mich angenehm überrascht. Keine billige Abgrenzerei vom Greeen New Deal. Insgesamt sehr offen mit außerordentlich hohem Reflektionsniveau. Ärgerlich nur, dass ich wegen einem Infekt zur Unzeit fast 2/3 der Tagung verpasst hatte. Die Video-Doku der RLS gibt mir nun die Gelegenheit, das Versäumte nachzuholen und dazu auch ein paaar Bemerkungen loszuwerden.
Unter dem Dach der RLS entwickelt sich also eine Transformationsforschung, die so ist zu erfahren, auch selbst begehrt, zur Transformation der derzeitig vorherrschenden in eine neue, höherwertigere (ich würde sagen: mehr Mitmenschlichkeit und ökologische Rücksichtnahme erlaubende) Organisation des menschlichen Füeinanders beizutragen . Zu dem Zweck möchte man das Transformationspotenzial dieser und jener Ereignisse der Zeit, Bewegungen, Krisen und Bemühungen, sie zu bewältigen, herausarbeiten und deren Verdichtung Überlagungung und Bewegung in Richtung einer „großen Transformation“ förderlich sein – zunehmend im Hinblick auf deren ökologische Natur oder den Eigentums-/Aneignungsdiskurs der wachsenden „Commons“-Bewegung. Klingt spannend, zumal ausdrücklich ein demokratischer und grüner Sozialismus (Rainer Rilling) als Perspektive genannt wurde.
Die Podiumsdiskutan(inn)en sprechen mir in Vielem aus dem Herzen. Natürlich: die Gesellschaft ist im Umbruch, es deutet sich „ein umfassender und sich rasant vollziehender gesellschaftlicher Wandel im nationalen wie im globalen Machtgefüge an – technologisch, demographisch, sozial, kulturell, wirtschaftlich.“ (Rolf Reißig). Und, ja: es könnte sich die Chance auftun, den Einstieg in eine neue geschichtliche Etappe entscheidend mitzugestalten.
Nicht so ganz verstehe ich, wieso Reißig die vergangenen Jahrhunderte kapitalistischer Entwicklung „Entwicklungs- Wachstums- Fortschritts- und Modernisierungsmodells des Westens“ nennt, als hätten davon jeweils mehrere Modelle zur Auswahl gestanden und als ob das in Japan grundsätzlich anders (gewesen) wäre als in Frankreich. Ober ok:
Kapitalismus scheint in der Tat an gewisse Grenzen seiner Fähigkeit zu stoßen, alle hinters Geld her rennen zu lassen – und am Ende gewinnt die Gesellschaft an Wohlstand, Bildung, Freizeitspaß und entsprechendem Lebenssinn. Statt dem vom Beck entliehenen Wort vom „Weltuntergangmodell“,zu dem sich das „Wohlstandsmodell“ nun entwickle, würde ich allerdings lieber vom „Weltuntnergangmachanismus“ sprechen, weil mir beim Wort „Modell“ stets igendeine Auswahl beonderer Konsummarken vor Augen schwebt, die einem letztlich doch die freie Wahl der Qual lassen. Und wenn Reißig dann konstatiert, dass dieses Weltuntergangsmodell „nur um den Preis irreversibler Schäden für Mensch und Natur fortgesetzt werden“ könne, dann klingt das so, als hätte die bisherige Geschichte des Kapitalismus keine irreversiblen Schäden für Mensch und Natur bedeutet. Andererseits wirkt es wie eine Verniedlichung der sich grad auftürmenden Herausforderungen. Aber das mögen wirklich Nebensächlichkeiten sein.
Richtig weist Reißig darauf hin, dass der staatseigentümlich-fordistische Realsozialismus zu der Dabatte über die „Grenzen des Wachstums„, die sich seit den 1970er Jahren z.B. im Zusammenhang mit dem Bericht an den Club of Rom entwickelte, nichts beizutragen hatte und so auch nichts dem neolibaralen „Lösungsweg“ der in die Krise geratenen privatkapitalistisch-fordistisch funktionierenden Gesellschaften des Westens (Übergang zum Finanzmarktkapitalismus) nichts entgegen setzen konnte. Was auch dazu beigetragen haben dürfte, dass in den Zeiten der „post-sozialistischen“ Transformation (also der Anpassung an den Weltuntergangmechanismus West) keine alternativen Entwiclungswege gegangen wurden bzw. werden konnten.
Reißg sieht drei Tendenzen der Transformation, die sich durch spezifische Diskurse ankündigen in die sich jeweils einzumischen sei :
- Einen Wandel auf Grundlage des bestehenden Machtgefüges mit einigen Anpassungen an ökologische Erfordernsse bei Fortsetzung oder Verschärfung der neoliberelem Sozialpolitik. (,Nunja, das halte ich für ziemlich utopisch).
- Einen ökokapitalistischen Umbau der Industriegesellschaft, also eine „reformkapitalistische Transformation auf Grundlage einer 2. Moderne“ . Die Stichworte seien ein Green New Deal, d.h. auf Grundlage eines öko-technologischen Wachstumsmodells bzw. Akumulationsregimes.
- Als 3. Möglichkeit entwicket sich nach Reißig die Chance auf einen wirklich grundlegenden Wandel zu einem zukunftsfähigen Typs gesellschaftlicher Naturverhältnisse auf Basis nicht fossiler Energieträger mit entsprechend zukunftsfähigen Lebenswelten mit entsprechend soziokultureller Teilhabe und einer neuartigen Organisation des Lebens und Konsumierens.
Dafür könne es aber – glücklicherweise – kein Masterplan geben. Es wäre vor allem eine Sache der Selbstorganisation, von Suchbewegungen und Lernprozessen. Man müsse sich das als ein globales Modell nachhaltiger Entwicklung vorstellen. Es werde Übergänge geben (müssen), ökokapitalistische Zwischenschritte, die aber ruhigen Gewissens mitgegangen werden können so man zugleich die ökologsch nachhaltige Teilhabegesellschaft, die solidarische Weltgemeinschaft als ein klares Ziel im Auge behält. Auch, dass am Ende keine Theorie sondern nur entsprechende soziale Auseinandersetzunge, Netzwerke bildende emanzipatorische Milljöhs usw. eine solche Transformation bzw. Selbstermächtigung der Gesellschaft herbeiführen können. Der Kapitalismus sei keineswegs am Ende, würde aber in eine neue Phase eingehen – und in deren Verlauf müsse eingegriffen werden.
Zu Frigga Haugs „Vier in Einem-Perspektive“
Als nächstes stellte Frigga Haug ihre „Vier-in-einem-Perspektive als Leitfaden für Politik“ vor. Der Einfachheit halber beziehe ich mich im Folgenden auf die (obige) PDF ihres Beitrag in DAS ARGUMENT 291/2011
Fortsetzung in Bälde