In der Bar an der Börse hatte Taz Kolumnist Ilija Trojanow einen Freund getroffen, der dort mit dem „Kauf drei, bezahl zwei Trick“ nicht weniger als 30 Exemplare des Buches „Der Marxismus – Irrlicht oder ganzheitliche Theorie?“ verkaufte. Trojanow berichtete von der anschließenden Fachsimpelei. Er selbst kam unter anderem zu folgendem Ergebnis:
„Wenn wir Marx an seinem berühmten Diktum messen, die Aufgabe des Philosophen sei es, die Welt zu verändern, anstatt sie nur zu erklären, muß Marx zudem als der katastrophalste aller Philosophen gelten, denn die Diktaturen des Proletariats, die sich auf ihn beriefen, errichteten eine Arbeiter- und Bauernhölle, die sich von Ostberlin bis Wladiwostok erstreckte. Aber Marx sei dafür nicht verantwortlich, wird einem oft gesagt, weswegen mein Freund und ich, in der Bar an der Börse, Marx ganz altmodisch als Erklärer der Welt betrachteten.“
Nunja, der Frage nachzugehen, worauf es bei der Suche nach dem richtigen Denken ankommt, ist natürlich genau so eine philosophische Angelegenheit wie die „neumodische“ (marxsche) Erkenntnis, dass es darauf ankommt, die materiellen Voraussetzungen des Denkens (und Suchens) zu verändern. Was den „Realen Sozialismus“ angeht, wäre die Möglichkeit ihn zu verändern bei weitem attraktiver gewesen als nun erklären zu müssen, wieso das nicht gelang.
Und was fand Trojanow am Welterklärer Marx bemerkenswert?
„Die (…) Negation der Negation, die eine Rückkehr zu einer konkreteren, entwickelteren Allgemeinheit ermögliche – erbrachte den wissenschaftlichen Beweis für das Ende des Kapitalismus. So hieß es früher. Doch heute wissen wir alle, daß Marx uns diesen Beweis schuldig geblieben ist.“
Frag mich allerdings, wie eine „Rückkehr“ (?) „zu einer konkreteren, entwickelteren Allgemeinheit“ geschweige, dass dies das Ende des Kapitalismus bedeutet, überhaupt bewiesen werden kann.
Eine marxsche Intention, nach irgendeiner „Allgemeinheit“ zu suchen, kann ich überhaupt nirgends sehen. Geht doch eher um Verallgemeinerung der Kompetenz und Macht zur Entwicklung und Anwendung des menschlichen (und von Menschen beeinflussten) Vermögens, einen Nutzen herzustellen, dessen Rationalität sich aus der gemeinsamen, umweltbewussten Reflexion der möglichen bzw. wahrscheinlichen Haupt- und Nebenwirkungen seiner Produktion (oder auch seiner Nichtproduktion) ergibt.
Dass diese „Verallgemeinerung“ nicht weit oder nicht weit genug entwickelt ist, um die großen Menschheitsprobleme zu lösen braucht nicht erst „wissenschaftlich“ bewiesen zu werden. Interessanter ist zu sehen, wo die Notwendigkeit dieser Verallgemeinerung offenbar und erkannt wird, was in der Richtung geschieht und noch (bis wann) zu tun ist.