Streifzüge70/2017 hatte im Rahmen des Heftschwerpunktes zum möglichen Gebrauchswert des Gebrauchswertes für eine Theorie der Befreiung den Beitrag „der Gebrauchswert bei Karl Marx von Roman Rosdolsky wiedergegeben. Der historische Beitrag mit dem Untertitel
Eine Kritik der bisherigen Marx-Interpretation
war 1959 in KYKLOS erschienen. Internationale Zeitschrift für Sozialwissenschaften, Vol. XII 1959, Basel, S. 27-56 (redaktionell gekürzte Fassung)
Zu Roman Rosdolskys „Der Gebrauchswert bei Karl Marx“ (2/2)
Unter den zahlreichen kritischen Ausführungen über Ricardos System, die sich bei Marx finden, fällt vor allem ein nur in den Marxschen Grundrissen geäußerter Vorwurf auf: dass nämlich Ricardo in seiner Ökonomie vom Gebrauchswert abstrahiere (MEW 42, S. 193), dass er auf diese so wichtige Kategorie „nur exoterisch Bezug nehme“ (MEW 42, S. 546), und dass sie deshalb bei ihm „als einfache Voraussetzung tot liegenbleibe“ (MEW 42, S. 240).
Auf diesen Vorwurf soll hier näher eingegangen werden. Er trifft seltsamerweise nicht nur Ricardo, sondern auch viele Schüler von Marx selbst! Denn es ist gerade bei den Ökonomen der Marxschen Schule zur Tradition geworden, vom Gebrauchswert in der Ökonomie abzusehen, ihn in den Bereich der „Warenkunde“ zu verweisen. Nehmen wir zum Beispiel Hilferdings Antwort an Böhm-Bawerk.
„Ware ist Einheit von Gebrauchswert und Wert, nur die Betrachtungsweise ist doppelt: als natürliches Ding ist sie Gegenstand der Natur-, als gesellschaftliches Ding Gegenstand einer Gesellschaftswissenschaft, der politischen Ökonomie. Gegenstand der Ökonomie ist also die gesellschaftliche Seite der Ware, des Gutes, soweit es Symbol des gesellschaftlichen Zusammenhanges ist, während ihre natürliche Seite, der Gebrauchswert, jenseits des Betrachtungskreises der politischen Ökonomie liegt.“ (Rudolf Hilferding, Böhm-Bawerks Marx-Kritik, in Marx-Studien, Wien 1904, S. 9)
Das ist tatsächlich Unsinn. Natürlich haben Gebrauchswerte, also Dinge bzw. Handlungs- oder Wirkungspotenziale, deren Aneignung einen Nutzen verspricht aber voraussetzt, sie (bzw deren Träger) entsprechend ihres (Tausch-) Wertes gegen Geld einzutauschen, eine – diesen Umständen entsprechende – gesellschaftliche (bzw. ökologische) Realität. Sie haben eine spezifisch kapitalistisce Gesellschaftlichkeit wie sie auch deren ökologische Realität von den spezifischen Vergesellschaftungsbedingungen der kapitalistischen Warenproduktion (mit-) bestimmt ist.
Auf den ersten Blick scheint es sich hier bloß um eine Paraphrase der bekannten Stelle aus der Marxschen Schrift Zur Kritik der politischen Ökonomie zu handeln. Wie lautet aber diese Stelle bei Marx selbst?
„Gebrauchswert zu sein, scheint notwendige Voraussetzung für die Ware, aber Ware zu sein, gleichgültige Bestimmung für den Gebrauchswert. Der Gebrauchswert in dieser Gleichgültigkeit gegen die ökonomische Formbestimmung, das heißt Gebrauchswert als Gebrauchswert, liegt jenseits des Betrachtungskreises der politischen Ökonomie. In ihren Kreis fällt er nur, wo er selbst Formbestimmung.“ (MEW 13, S. 16)
Man wird zugeben, dass das Original sich von der Kopie erheblich unterscheidet, und dass Hilferdings willkürliche Wiedergabe der obigen Sätze eher einer Vulgarisierung der wirklichen Marxschen Ansicht gleichkommt.
In der Tat!
Oder nehmen wir einen neueren marxistischen Autor, P. M. Sweezy. In seiner, der Popularisierung der Marxschen Ökonomie dienenden Arbeit Theory of Capitalist Development lesen wir:
„Marx excluded use value (or, as it now would be called, ‚utility‘) from the field of investigation of political economy on the ground that it does not directly embody a social relation. He enforces a strict requirement that the categories of economics must be social categories, i.e. categories which represent relations between people. It is important to realize that this is in sharp contrast to the attitude of modern economic theory (…)“
(P. M. Sweezy, Theory of Capitalist Development, New York 1942, S. 26)
Ja, natürlich sind die Gebrauchswerte von Waren Momente sozio-ökologischer Beziehungen oder genauer: Momente von Beziehungen innerhalb kapitalistischer Interaktionsbedingungen. Warengebrauchswerte äußern sich einerseits im Begehren nach dem Erwerb eines Gebrauchswertträgers, und der Möglichkeit, es gegen Geld einzutauschen. Andererseits muss der Träger des Warengebrauchswerts im Besitz derer sein, für die er lediglich ein Mittel ist, es gegen Geld einzutauschen, um an DESSEN Gebrauchswert zu kommen, nämlich Mittel der Aneignung aller anderen Waren zu sein und damit beispielsweise als Kapital (d.h. als Bereicherungsmittel) fungieren zu können.
Sweezys Darstellung unterscheidet sich also durch nichts von jener, die man gewöhnlich in den Popularisierungen der Marxschen Ökonomie findet. In seinem Falle aber ist das Versehen um so weniger entschuldbar, als ihm nicht nur die (1905 bis 1910 veröffentlichten) Marxschen Theorien über den Mehrwert, sondern auch dessen „Randglossen zu Adolf Wagner“ (MEW 19, S. 355-383) vorlagen, wo sich Marx selbst sehr ausführlich über die Rolle des Gebrauchswerts in seiner Ökonomie ausspricht. An Wagners Adresse sagt er dort:
„Nur ein vir obscurus, der kein Wort des Kapitals verstanden hat, kann schließen: Weil Marx in einer Note zur ersten Ausgabe des Kapitals allen deutschen Professoralkohl über ‚Gebrauchswert‘ im allgemeinen verwirft und Leser, die etwas über wirkliche Gebrauchswerte wissen wollen, auf ‚Anleitungen zur Warenkunde‘ verweist (MEW 23, S. 50; MEW 13, S. 16), – daher spielt der Gebrauchswert bei ihm keine Rolle.“ (MEW 19, S. 369)
„Wenn man die ‚Ware‘ – das einfachste ökonomische Konkretum – zu analysieren hat, hat man alle Beziehungen fernzuhalten, die mit dem vorliegenden Objekt der Analyse nichts zu schaffen haben. Was aber von der Ware, soweit sie Gebrauchswert, zu sagen ist, habe ich daher in wenigen Zeilen gesagt, andrerseits aber die charakteristische Form hervorgehoben, in der hier der Gebrauchswert – das Arbeitsprodukt – erscheint; nämlich: ‚Ein Ding kann nützlich und Produkt menschlicher Arbeit sein, ohne Ware zu sein. Wer durch sein Produkt sein eignes Bedürfnis befriedigt, schafft zwar Gebrauchswert, aber nicht Ware. Um Ware zu produzieren, muss er nicht nur Gebrauchswert produzieren, sondern Gebrauchswert für andre, gesellschaftlichen Gebrauchswert.‘
(MEW 23, S. 55)
(…) Damit besitzt der Gebrauchswert – als Gebrauchswert der ‚Ware‘ – selbst einen historisch-spezifischen Charakter. (…) Es wäre also reine Faselei, bei Analyse der Ware – weil sie sich einerseits als Gebrauchswert oder Gut, andrerseits als ‚Wert‘ darstellt – nun bei dieser Gelegenheit allerlei banale Reflexionen über Gebrauchswerte oder Güter ‚anzuknüpfen‘, die nicht in den Bereich der Warenwelt fallen“ (wie dies die offizielle Universitätsökonomie tut, Anm. R. R.) (…) „Andrerseits hat der vir obscurus übersehn, dass schon in der Analyse der Ware bei mir nicht stehengeblieben wird bei der Doppelweise, worin sie sich darstellt, sondern gleich weiter dazu fortgegangen wird, dass in diesem Doppelsein der Ware sich darstellt zwiefacher Charakter der Arbeit, deren Produkt sie ist: der nützlichen Arbeit, i.e. den konkreten Modi der Arbeiten, die Gebrauchswerte schaffen, und der abstrakten Arbeit, der Arbeit als Verausgabung der Arbeitskraft, gleichgültig in welcher ‚nützlichen‘ Weise sie verausgabt werde (worauf später die Darstellung des Produktionsprozesses beruht); dass in der Entwicklung der Wertform der Ware, in letzter Instanz ihrer Geldform, also des Geldes, der Wert einer Ware sich darstellt im Gebrauchswert der andern, d.h. in der Naturalform der andern Ware; dass der Mehrwert selbst abgeleitet wird aus einem ‚spezifischen‘ und ihr exklusive zukommenden Gebrauchswert der Arbeitskraft usw., dass also bei mir der Gebrauchswert eine ganz andere wichtige Rolle spielt als in der bisherigen Ökonomie, dass er aber notabene immer nur in Betracht kommt, wo solche Betrachtung aus der Analyse gegebener ökonomischer Gestaltungen entspringt, nicht aus Hin- und Herräsonieren über die Begriffe oder Worte ‚Gebrauchswert‘ und ‚Wert‘.“
(MEW 19, S. 369-371)
Soweit Marx. Aus seinen Sätzen ist klar ersichtlich, dass die traditionell-marxistische Auslegung Hilferdings, Sweezy’s u.a. unmöglich richtig sein kann, und dass in diesem Falle die genannten Verfasser – freilich ohne es zu ahnen – nicht ihrem Lehrer Marx, sondern eher dem von ihm kritisierten Ricardo folgen!
Zustimmung!
Worauf gründet sich aber die Marxsche Kritik, und wie sind eigentlich die eingangs angeführten Einwände gegen Ricardo zu verstehen? Um dies zu beantworten, müssen wir auf die methodologischen Grundvoraussetzungen des Marxschen Systems zurückgehen.
Man weiß: im Gegensatz zu den Klassikern, war das ganze theoretische Wirken von Marx darauf gerichtet, die
„besonderen Gesetze (aufzudecken), welche Entstehung, Existenz, Entwicklung, Tod eines gegebenen gesellschaftlichen Organismus und seinen Ersatz durch einen andren, höheren regeln“ (MEW 23, S. 27).
Ihm galt daher die kapitalistische Produktion als eine
„nur (…) historische, einer gewissen beschränkten Entwicklungsepoche der materiellen Produktionsbedingungen entsprechende Produktionsweise“ (MEW 25, S. 270),
und die Kategorien der bürgerlichen Ökonomie als
„gesellschaftlich gültige, also objektive Gedankenformen für die Produktionsverhältnisse dieser historisch bestimmten gesellschaftlichen Produktionsweise“ (MEW 23, S. 90).
Exakt! Marx war eben mehr als ein „Kapitalismuskritiker“.
Indessen: auf welchem Wege kann die Theorie zur Erkenntnis von solch besonderen, nur historische Geltung beanspruchenden Gesetzen gelangen? Und wie sind diese Gesetze mit den allgemeinen, auf alle Gesellschaftsepochen anwendbaren, ökonomischen Bestimmungen in Einklang zu bringen? Denn
„alle Epochen der Produktion haben gewisse Merkmale gemein“, was „schon daraus hervorgeht, dass (in allen Epochen) das Subjekt, die Menschheit, und das Objekt, die Natur, dieselben“ (MEW 42, S. 20-21)
sind.
Nichts leichter daher, als durch Hervorhebung dieser gemeinsamen Bestimmungen
„alle historischen Unterschiede zu konfundieren oder auszulöschen in allgemein menschlichen Gesetzen“ (MEW 42, S. 22-23).
Allein, wenn zum Beispiel „die entwickeltsten Sprachen Gesetze und Bestimmungen mit den unentwickeltsten gemein haben, so muss gerade das, was ihre Entwicklung ausmacht, den Unterschied von diesem Allgemeinen und Gemeinsamen (ausdrücken).
In gleicher Weise aber muss auch die Nationalökonomie vor allem die Entwicklungsgesetze der von ihr untersuchten kapitalistischen Epoche erforschen,
„damit über der Einheit“ (der dieser Epoche mit den früheren gemeinsamen Bestimmungen) „die wesentliche Verschiedenheit nicht vergessen wird“ (MEW 42, S. 21).
Was macht aber die Entwicklung in der Sphäre der Ökonomie aus? Gerade das, worin sich ihr spezifisch – gesellschaftlicher Charakter ausdrückt!
„Soweit der Arbeitsprozess nur ein bloßer Prozess zwischen Mensch und Natur ist, bleiben seine einfachen Elemente allen gesellschaftlichen Entwicklungsformen desselben gemein. Aber jede bestimmte historische Form dieses Prozesses entwickelt weiter die materiellen Grundlagen und gesellschaftlichen Formen desselben.“ (MEW 25, S. 890-891)
Und gerade auf diese gesellschaftlichen Formen – im Unterschied von dem naturgegebenen „Inhalt“ derselben – kommt es vor allem an! Nur sie allein stellen das aktive, vorwärtstreibende Moment dar. Denn:
„Naturgesetze können überhaupt nicht aufgehoben werden. Was sich in historisch verschiedenen Zuständen ändern kann, ist nur die Form, worin jene Gesetze sich durchsetzen.“ (MEW 32, S. 553)
Ja.
(…)
Eines steht jedoch fest: dass es für Marx eben die ökonomischen Formen sind, worin sich die sozialen Verhältnisse der wirtschaftenden Individuen ausdrücken und wodurch sich die einzelnen Produktionsweisen voneinander unterscheiden. Dass die Formen des Austauschs dem Ökonomen „gleichgültig“ sein sollten,
„ist gerade, als ob der Physiolog sagte, die bestimmten Lebensformen seien gleichgültig. Sie seien alle nur Formen von organischer Materie. Gerade auf diese Formen allein kommt es an, wenn es sich darum handelt, den spezifischen Charakter einer gesellschaftlichen Produktionsweise aufzufassen. Rock ist Rock. Lass aber den Austausch in der ersten Form machen, so habt ihr die kapitalistische Produktion und die moderne bürgerliche Gesellschaft; in der zweiten, so habt ihr eine Form der Handarbeit, die sich selbst mit asiatischen Verhältnissen verträgt oder mit mittelalterlichen usw.“ Denn „im ersten Falle produziert der Schneider nicht nur einen Rock, er produziert Kapital, also auch Profit; er produziert seinen Meister als Kapitalisten und sich selbst als Lohnarbeiter. Wenn ich mir (hingegen) einen Rock von einem Schneider (ouvrier tailleur) im Hause machen lasse, zum Tragen, so werde ich dadurch sowenig mein eigener Unternehmer (im kategorischen Sinne), wie der Besitzer des Schneiderunternehmens (…) Unternehmer ist, soweit er einen von seinen Arbeitern genähten Rock selbst trägt und konsumiert.“ (MEW 26.1, S. 268)
Und an einer anderen Stelle:
„Die Landarbeiter in England und Holland, die Arbeitslohn vom Kapital ‚vorgeschossen‘ erhalten, ‚produzieren ihren Arbeitslohn selbst‘, ebensogut wie der französische Bauer oder der von seiner Arbeit lebende russische Leibeigene. Betrachten wir den Produktionsprozess in seiner Kontinuität, dann schießt der Kapitalist dem Arbeiter heute nur als ‚Arbeitslohn‘ einen Teil des Produkts vor, den der Arbeiter gestern produziert hat. Der Unterschied liegt also nicht darin, dass in dem einen Falle der Arbeiter seinen eigenen Arbeitslohn produziert und in dem anderen nicht. (…) Der ganze Unterschied liegt in der Formverwandlung, die der vom Arbeiter produzierte Arbeitsfonds durchläuft, bevor er ihm in der Form des Arbeitslohns [im Original: Arbeitsfonds] wieder zuströmt.“ (MEW 26.3, S. 268)
Es sind also die spezifischen gesellschaftlichen Formen der Produktion und Distribution, die in Marxens Augen den eigentlichen Gegenstand der ökonomischen Analyse bilden; und gerade
„der Mangel an theoretischem Sinn für Auffassung der Formunterschiede der ökonomischen Verhältnisse“ – gepaart mit der „brutalen Interessiertheit für den Stoff“ – zeichnet nach ihm die vorherige Ökonomie sogar in ihren besten Repräsentanten aus. (MEW 26.1, S. 64; MEW 23, S. 94-95)
Ja.
Soweit unser methodologischer Exkurs. Der Leser wird indessen bemerkt haben, dass dadurch zugleich – in allgemeinster Weise – auch unsere Frage nach der Rolle des Gebrauchswerts in der Marxschen Ökonomie beantwortet wurde. Wie hieß es denn in der eingangs zitierten Stelle aus der Marxschen Kritik? In seiner „Gleichgültigkeit gegen die ökonomische Formbestimmung“ liegt der Gebrauchswert „jenseits des Betrachtungskreises der politischen Ökonomie. In ihren Kreis fällt nur, wo er selbst Formbestimmung.“
Mit anderen Worten: ob dem Gebrauchswert eine ökonomische Bedeutung zukomme, oder nicht, lässt sich nur nach seiner Beziehung zu den sozialen Produktionsverhältnissen beurteilen. Sofern er diese Verhältnisse beeinflusst oder selbst von ihnen beeinflusst wird, ist er gewiss eine ökonomische Kategorie. Sonst aber – in seiner bloß „natürlichen“ Eigenschaft – fällt er aus dem Bereich der Nationalökonomie heraus.
Oder, wie es weiter im Text der Grundrisse heißt:
„Die politische Ökonomie hat es mit den spezifischen gesellschaftlichen Formen des Reichtums oder vielmehr der Produktion des Reichtums zu tun. Der Stoff derselben, sei es subjektiv, wie Arbeit, oder objektiv, wie Gegenstände für die Befriedigung natürlicher oder geschichtlicher Bedürfnisse, erscheint zunächst allen Produktionsepochen gemeinsam. Dieser Stoff erscheint daher zunächst als bloße Voraussetzung, die ganz außerhalb der Betrachtung der politischen Ökonomie liegt, und erst dann in die Sphäre der Betrachtung fällt, wenn er modifiziert wird durch die Formverhältnisse oder als sie modifizierend erscheint.“ (MEW 42, S. 741; vgl. auch die Parallelstelle, MEW 42, S. 767)
So weit also der erste Drittel des Rosdolsky–Beitrages von 1959.
Worauf es hier meines Erachtens ankommt: Marx suchte in den strukturellen Besonderheiten der kapitalistisch formierten Produktionsordnung (bzw. Vergesellschaftungsweise) nach Dispositiven ihrer schließlichen Aufhebung. Als grundlegende Voraussetzung der Ablösung einer historisch vorherrschenden durch eine neue Produktionsordnung (Vergesellschaftungsweise) sah er, dass die Entwicklung des menschlichen Bereicherungsvermögens (der Produktivkräfte) zu einem Grad voran geschritten sein muss, an dem die Auflösung der alten Produktionsordnung sowohl notwendig als auch möglich wird.
Die strukturellen Besonderheiten der kapitalistischen Ära sah Marx in Zwängen (Gesetzmäßigkeiten), die aus der exklusiven Verfügung über Selbstbereicherungsmittel in der Form sachlicher Produktionsmittel und dem universellen Warentauschmittel Geld resultieren. Kapitalistische Unternehmen sind genötigt, ihr Selbstbereicherungsvermögen beständig zu (re-)produzieren. Um dies zu erreichen müssen sie Lohnarbeitsvermögen ankaufen, das für sie mit Hilfe der in ihrem Besitz befndlichen und ebenfalls zugekauften Produktionsmittel und Produktionsmaterialien Gebrauchswerte für Dritte her- und bereitstellen lassen, die wiederum bereit und in der Lage sein müssen, für das Recht, sich die bis dahin noch in fremdem Besitz befindlichen Gebrauchswerte anzueignen, einen bestimmten Betrag der universellen Warentauschware Geld zahlen.
Der Witz an der Sache ist, dass sich das Austauschverhältnis keineswegs willkürlich aus dem Grad des Begehrens nach Verfügung über den Gebrauchswertträger und dem Verhandlungsgeschick des Anbieters ergibt. Es ist auch nicht etwa vom Bewusstsein der sozialen bzw. ökologischen Wechselwirkugen während der Produktion oder dem Verbrauch des Gebrauchswertträgers oder der Entsorgung seiner Restbestände bestimmt. Verlangten Anbieter von Gebrauchswertträgern, die sie als Tauschgegenstände (Waren) haben produziert lassen, eine höhere Summe Geld, als die konkurrierende Selbstbereicherungsagentur, würde unter normalen Umständen nichts aus dem Geschäft. Unternehmen, die unter diesen Umständen das von der kapitalistischen Struktur disktierte Selbstbereicherungsgebot nicht erfüllen können, gehen entweder unter, oder erwerben die Fähigkeit, ebenso preisgünstig zu produzieren, wie die Konkurrenz es vermag.
Für die Analyse vorausgesetzt ist freie Konkurrenz der Bereicherungsvermögenden, die über die notwendigen Produktionsmittel, das notwendige Geld und die Freiheit verfügen, fremdes Lohnarbeitsvermögen einzukaufen, deren Träger, nicht nur im doppelten, wie Marx bemerkte, sondern im dreifachen Sinne frei und also frei verfügbar sein müssen.
- frei von eigenen Bereicherungsvermögen in Gestalt der notwendigen Produktionsmittel und einer hinreichenden Summe Geld,
- nicht selbst Eigentum eines Herrn oder Sklavenhalters zu sein und
- frei von der Notwendigkeit häusliche Subsistenzarbeit leisten zu müssen
Unter diesen Voraussetzungen können nicht mehr EINZELNE Eigentümer basaler Existenzbedingungen ihre Machtstellungen von „Gottes Gnaden“ monopolisieren und allein die Bedingungen diktieren, unter denen Menschen die notwendigen Mittel der Existenzsicherung aneignen können. Marx zeigt nun, dass sich die Austauschrelationen unter den genannten Bedingungen um einen Wert herum einpendeln müssen, der auf den Zeitaufwand zurück geht, den menschliches Arbeitsvermögen für die Her- und Bereitstellung eines Gebrauchswertes, dessen Träger Tauschwert besitzt (also eine Ware ist) im gesellschaftlichen Durchschnitt notwendigerweise zu verausgaben haben. Die mittels Deduktion gewonnene Erkenntnis lässt sich durch ein Gedankenexperiment prüfen, bei dem erst einmal die Produktivität konstant gesetzt ist. Gesetzt der Fall, es gibt überdurchschnittlichen Gewinn. Das zeigte an, dass das Verlangen nach dem Gebrauchswert größer ist, als an Gebrauchswertträgern aktuell zur Verfügung stehen. Die Anbieter lassen zusätzliche Träger dieses Gebrauchswertes erarbeiten, d.h. sie investieren so lange zusätzliche Arbeitszeit, bis zu dem gewohnten Preis nicht alles verkauft werden kann. Die Preise können dann gesenkt werden bis das Ganze ein Verlustgeschäft wird und der Produktionsanreiz verschwindet. Die Konkurrenz verhindert, dass dauerhaft zu viel oder zu wenig Gebrauchswertträger produziert, also mehr oder wenig Arbeitszeit als gesellschaftlich notwendig investiert wird.
Allerdings bleibt die Produktivität nicht konstant. Da Kunden über möglichst viel Gebrauchswert fürs gleiche Geld verfügen möchten, sind die zum Zwecke der Selbstbereicherung Gebrauchswerte her- und bereit stellenden Unternehmen genötigt, sich gegenseitig an Effizienz zu überbieten, und das sorgt auch im gesellschaftlichen Durchschnitt für eine beständige, sich gar zunehmend selbst beschleunigende Beschleunigung der Produktion von Gebrauchswerten. Und zu zeigen wäre beispielsweise, welche Gesetzmäßigkeiten hier warum wirksam sind, und wodurch der Mechanismus vom Erfolgsgeheimnis zum Problem des auf kapitalistische (Re-) Produktionsbeziehungen gründende
Bliebe die Produktivität konstant und unter den Konkurrenten gleich, bliebe es auch das Verhältnis der Arbeitszeit, die für den nachgefragten Gebrauchswert notwendigerweise NEU zu verausgaben ist (die den Zugewinn an Tauschwertbesitz bestimmt) und der Arbeitszeit, die bereits zu verausgaben gewesen war, um die Rohstoffe und Halbfabrikate her- und bereit zu stellen. Die Unternehmen könnten ihr Bereicherungsvermögen dann nur durch die Menge an Arbeit regulieren, die sie in die Produktion des nachgefragten Gebrauchswert investieren. Führt zu viel Arbeit zu mehr Gebrauchswertpotenzial als tatsächlich nachgefragt (und damit als Gebrauchswert bestätigt) wird, war die Arbeit für die nicht verkauften Waren nicht gebrauchswert- und damit auch nicht tauschwertproduktiv, weil zur Her- und Bereitstellung des Gebrauchswertträgers offensichtlich nicht gesellschaftlich notwendig. Sinken Preise unter einem Wert, der bei gleichbleibender und gleich verteilter Produktivität für den erwarteten Profit sorgte, so könnten zwar möglicherweise mehr Abnehmer bereit sein, in den angeboten Waren ein gegen ihr Geld eintauschbares Nutzpotenzial für sich zu sehen, also einen Gebrauchswert, oder die gleiche Menge Abnehmer könnten sich mehr leisten (was auch mehr Tausch- und Gebrauchswertträger (Waren) zu tatsächlichem Gebrauchswert machte. Würde durch sinkende Preise allerdings kein oder nicht genügend Profit generiert, müssten einige der Unternehmen ganz aufhören, zu produzieren, produzierten etwas anders usw. so dass die Abweichung stets um den von Durchschnittswert herum schwanken müssten, der bei einem Gesamtinput an Arbeit, der für die (Re-) Produktion eines Gebrauchswertes gesellschaftlich notwendig wäre.
Die einzige „Dynamik“, die sich unter diesen Bedingungen entwickeln könnte, wäre also eine gewisse Ausdehnung der Produktion durch die Erschließung neuer Absatzmärkte.
Aber das ist natürlich nicht wirklich so. Das Konstantsetzen ist eine gedankliche Laboranordnung, um das Folgende besser verstehen zu können. In Wirklichkeit sind die Konkurrenten bekanntlich genötigt, mit unterdurchschnittlichem Einsatz an lebendiger (und bereits in die Tausch und Gebrauchswerte der Rohstoffe, Halbfertigprodukte oder Produktionsmitteln „vergegenständlichter“, toter) Arbeit überdurchschnittlichen Absatz bei für sie selbst überdurchschnittlich hohen Profit garantierenden Preisen zu erzielen. Überdurchschnittlich effizientere und deshalb profitablere Unternehmen wurden es in der Regel, weil sie bessere Maschinen einsetzen konnten, die die Produktion beschleunigten, und die Effizienteren also befähigen, mit dem gleichen Arbeitsaufwand mehr Gebrauchs- und damit Tauschwertträger auf den Markt werfen und also gegen Geld tauschen zu können als die Konkurrenz es vermag. Zwar erhöht das in der Regel den notwendige den Anteil an menschlicher Arbeit, der in den vorteilhafteren Produktionsmitteln zu investieren war und damit auch zum Teil des Verkaufspreises werden muss (der Wert der einzusetzenden Produktionsmittel, Rohstoffe und Halbfertigprodukte überträgt sich auf die damit produzierten Waren), aber kann das effizientere Unternehmen zugleich eine höhere Stückzahl verkaufen, weil deren Preis wegen dem eingesparten Maß an lebendiger Arbeit trotz individuell gleichem oder höherem Profit niedriger sein kann als der der Konkurrenz, so verteilt sich der höhere Einkaufspreis auf mehr Produkte.
Die konkurrierenden Unternehmen sind dadurch genötigt, nun ihrerseits entweder gleich viel oder noch mehr Beschleunigung schaffende Produktionsmittel zu erwerben und einzusetzen. Da so am Ende ALLGEMEIN mit dem gleichen oder gar mit geringerem Arbeitsaufwand über den Bedarf hinaus Gebrauchswertträger her- und bereitgestelll werden können, ist der Punkt der Sättigung, an dem die Preise senkt werden, mit geringerem Arbeitsaufwand erreicht. Die zur (Re-) Produktion des entsprechenden Gebrauchswertes GESELLSCHAFTLICH notwendige Arbeitszeit ist am Ende gesunken, die Preise müssen sich unter sonst gleichbleibenden Umständen um einen niedrigeren Wert herum einpendeln. Der nach dem Erreiichen eines neuen GESELLSCHAFTLICHEN (Durchschnitts-) Produktivitätsniveaus nun pro Gebrauchswerteinheit geringere Profit kann durch die Ausdehnung der Produktion ausgeglichen werden insoweit die Unternehmen, die die für die Produktionsbeschleunigung notwendigen Mttel nicht aufbringen wollten oder konnten, nun für ihre Produkte keine für sie exizsichernden Preise mehr realisieren können und als Wettbewerber ausfallen, sich mehr Abnehmer als bisher das Produkt leisten können und (wie bei der vorherigen „Labor-Annahme“ auch möglich) neue Märkte (neue Gruppen , Regionen) usw. zahlungsfähiger Bedürftiger) erschlossen werden.
(Im Übrigen zeigt das, dass sich Gebrauchswerte von Waren aus a) dem Begehren nach einem Gebrauchswertträger, und b) dem Vermögen, sie gegen Geld einzutauschen zusammensetzten, und dass beides zwar Voraussetzung des Tauschwertes ist und Moment seiner Ermittlung, ihn aber nicht bestimmt)
Marx hat das alles erkannt und ging der Frage nach, welche Schlüsse daraus für seine zentrale Fragestellung gezogen werden können, nämlich inwieweit und wie in der ökonomischen Anatomie der bürgerlichen Vergesellschaftungsweise Entwicklungsbedingungen angelegt sind, die am Ende einen Übergang zu (welt-) kommunistisch bestimmten Interaktionsbedingungen notwendig UND möglich machen könnten, weil sie Produktivkräfte hervorbringt, die mit den alten Produktionsbedingungen nicht mehr zur Vernunft zu bringen wären und dies zu einer alles entscheidenden Frage wird, der sich niemand mehr entziehen kann.
In den Blick kommen dabei die strukturelle Nötigung zur Konzentration, d.h. der mit dem Zwang zur Einsparung von Arbeitskraft gegebene Drang zu immer größeren Betrieben, die mit immer effizienteren Produktionsmitteln eine stets größer werdende Menge an Gebrauchswerten her- und bereit stellen können. Marx erkannte darin u.a. einen immanenten Drang zur Herstellung von Wirtschaftssubjekten mit einem stets höheren werdenden Vergesellschaftungsgrad, mehr Übersichtlichkeit, Planung usw, was er als eine Vorbedingung für die historische Möglichkeit sah, dass die Herstellung (welt-) kommunistisch bestimmter Interaktionsbedingungen (die eine bewusste Gestaltung der Mensch-Mensch und der Mensch-Natur Beziehungen erlaubten) zum weltweit vorherrschenden Prozess werden kann. Oder werden muss, müsste wohl ergänzt werden, denn die damit zugleich wachsende Macht und Globalität privateigentümlich agierender Wirtschaftsriesen verunmöglicht zugleich, dass die menschlichen bzw. von Menschen bewegten Produktivkräfte nach Grundsätzen gesamtgesellschaftlicher bzw. ökologischer Vernunft einer vereinigten Menschheit entwickelt bzw. eingesetzt werden – können. Hinsichtlich dieser Frage, war es innerhalb des Marxismus zu einer dogmatische Idealisierung eines unterstellten „sozialistischen“ (bzw. „präsozialistischen“) Charakters von Großbetrieben gegeben.
Das gilt besonders für die Vorstellungen der politischen Akteure, die an den Marx-Engels Ideen anknüpftend weltrevolutionäre Absichten verfolgten und sich im Schatten des ersten barbarischen Weltkrieges des kapitalistischen Zeitalteres im „schwächsten Glied der imperialistischen Kette“ an die Spitze eines das weitgehend auf agrarische Produktion basierenden feudalistischen Großreichs putschten und ihre Macht in einem Bürgerkrieg verteidigen konnten, Lenins Imperialismustheorie hatte in der Monopolbildung das von „Stagnation und Fäulnis“ gekennzeichnete Endstatdium des Kapitalismus heranreifen gesehen, deren innere Widersprüche unwillkürlich imperialistische Kriege hervorrufen, (die seien keine Folge falscher Politik sondern falscher Strukturen / Interaktionsbedingungen). Nur der Sozialismus könne die mangels Konkurrenz vor sich hin faulenden Monopolunternehmen wieder flott machen und die Springquellen des menschlichen Reichtums wieder sprießen lassen. Dafür hatten die siegreichen „Antgardisten“ allerdings erst einmal basale Industrialisierungsprozesse zu managen, d.h. die aus Marx Kapital Bd1 als „sogenannte ursprüngliche Akkumulation“ bekannte grundlegende Trennung von Produzierenden (hier meist Bauern und Landarbeiter) und den (meist agrarschen) Produktionsmitteln herzustellen und eine Schwerindustrie aus dem Boden zu stampfen – was dann geradewegs in die Massenvernichtungsdiktatur Stalins mündete.
Auch in den Jahrzehnten nach Ende der unmittelbaren Schreckensherrschaft Stalins konnten die als „sozialistisch“ vorgestellten Steuerungsinstrumente (tatsächlich geschah die Steuerung der verstaatlichten Großbetriebe durch Vorgaben von im Geheimen operierenden Staatsperteigremien), die der Konkurrenz entzogenen Großbetriebe nicht von Stagnation und Fäulnis befreien. Es gelang nicht, einen Mechanismus zu finden, der die gleiche oder mehr Effizienz und gleich viel oder mehr Bedürfnisgerechtigkeit herstellen konnte, wie der kapitalistische Wettbewerb und die kapitalistische Nötigung zur Selbstbereicherung es vermag – aber im Gegensatz zu letzterem zugleich hinreichend gesamtgesellschaftliche bzw. ökologische Rationalität an den Tag legte. Und man muss heute nüchtern konstatieren, dass dies auch unmöglich funktionieren kann solange die Lenkung der Wirtschaft durch Vorgaben von Staatsparteigremien, deren Schalten und Walten mittels Unterdrückung der basalen Freiheitsrechte hermetisch vor öffentlicher Kontrolle jeglicher Art abgeriegelt werden.
Die von der „realsozialistischen“ Genokratie per Tonnenideologie gesteuerten Monopole konnten nicht nur nicht in der Bereitstellung der puren Menge an Gebrauchswerten mit dem Kapitalismus fordistscher und später tayloristischer Prägung mithalten, sie standen auch hinsichtlich des „qualitativen Wachstums“, also der Qualität der her- und bereitgestellten bzw. begehrten und angeeigneten Gebrauchswerte für Stagnation. Denn natürlich hat die vom Zwang zur privateigentümlichen Selbstbereicherung angetriebene Konkurrenzökonomie nicht nur die Menge an Nutzpotenzial, das zur Verfügung steht und gegen Geld eintauschbar ist,, systematisch gesteigert sondern ebenso systematisch auch deren Qualität.
Der Blick auf gesellschaftliche Durchschnittstauschwerte, durchschnittliche Mehrwert- bzw. Profitraten usw. ist notwendig, um die allgemeinen Bewegungsgesetze kapitalistischer Gesellschaftsformationen nachzuvollziehen, lässt aber leicht vergessen, dass das entscheidende Element des kapitalistischen Fortschrittsmotors der für die einzelnen Unternehmen bestehende Antrieb ist, zumindestens für eine gewisse Zeit besser als die Konkurrenz zu sein und zu diesem Zweck effektivere Maschinen oder Prozessverfahren einsetzen usw. Ein Unternehmen, dass pro eingesetztem Kapital mehr Gebrauchswertträger her- und bereitstellen kann als die Konkurrenz es vermag, kann selbst bei Marktpreisen unter dem gesellschaftlichen Durchschnittstauschwert und damit womöglich unter einem Wert der für einige der Konkurrenten bereits existenzbedrohend ist, überdurchschnittlich hohen Profit realisieren. Wie vorher bereits beschrieben, muss die Konkurrenz nachziehen und so pendelt sich mit der Zeit und unter der Voraussetzung freier Konkurrenz und frei verfügbarer Lohnarbeit ein stets höheres Produktivitätsniveau ein, was die materielle Basis für eine stete Ausdehnung des des stofflichen Reichtums und damit trotz – oder besser auf Grundlage – einer vorübergehenden Verschwindens traditioneller Berufe Tätigkeitsfelder und Qualifikationen, die
Vor allem aber wird leicht übersehen, dass nicht nur überdurchschnittliche Effizienz bzw. Produktivität die Generierung von Extraprofiten erlaubt sondern auch das Vermögen, neue oder höherwertigere Gebrauchswerte als die Konkurrenz anzubieten und diese Exklusivität eine Weile zu behalten. Wir haben es also nicht nur mit einer steten Anstachelung zur Steigerung der Produktivität und also Ausdehnung der Gebrauchswertproduktion sondern auch zur Entwicklung stets neuer und verbesserter Gebrauchswerte zu tun (und damit im Übrigen auch stete Ausdehnung der Bedürfnisse).
(Öko-) kommunismusproduktiv überwunden werden sollte nicht nur Kapitalismuskritik, die eine Gebrauchswert- d.h. also Bedürfnisvergessenheit des Kapitalismus behauptet statt nach Notwendigkeit und Möglichkeiten (logischer wie historischer Art) zu fragen, die spezifische Privateigentümlichlichkeit der kapitalistischen Aneignungs- und Vermittungsformen aufzuheben, auch die Behauptungen einer stets fortschreitenden Entqualifizierung der Arbeitskraft und einer stets fortschreitende Qualitätsminderung durch die Massenproduktion wie sie in den vergangenen Jahrzehnten oft lauf wurde, erwies sich als voreilig. Allerdings kann es heute nicht einfach darum gehen, eine von der Zeit überholte Kapitalismuskritik dem heutigen Erkenntnismöglichkeiten anzupassen. Es sollte tatsächlich darum gehen, mehr (Öko-) Kommunismus zu wagen 😉
Aber jetzt bin ich vielleicht ein wenig sehr abgeschweift. Zeit, den Rest des Rosdolsky Aufsatzes anzusehen.
[…] Die Frage nach dem Gebrauchswert des Gebrauchswerts als einer der Erkenntnisgewinnung dienlichen Kategorie bzw. von Gebrauchswerten als reale Gegenstände menschlichen Begehrens, und wie die historisch jeweils vorherrschenden Produktionsweisen (und die darauf aufbauenden Gesellschaftsformationen), d.h. die historisch jeweils vorherrschenden Formen der Vermittlung von Produktion, Verbrauch, Pflege, Entwicklung, Regulation etc. das Begehren und dessen Gegenstände formen, ist verdienstvoll. In dieser Sache gilt es im besonderen Maße, anti-kapitalistische Mythen zu hinterfragen, die einer nüchternen Analyse der kapitalistischer Erfolgsgeschichte und warum bzw. wie diese nun an ihr Ende gerät, eher im Wege stehen. Der dem feindbildhungigen Anti-Kapitalismus eigene Mythos, dass im Kapitalismus Gebrauchswerte und damit Bedürfnisse egal seien und auch keinerlei ökonomische Relevanz haben, weil „es“ hier allein um die private Anhäufung von Tauschwerten bzw. „des Profits“ oder schlimmer noch „allein um Profimaximierung“ ginge . Dass das so nicht stimmt wusste bereits Roman Rosdolwsky, dessen 1959 in KYKLOS Internationale Zeitschrift für Sozialwissenschaften, (Vol. XII 1959, Basel, S. 27-56 ) erschienene Betrachtung „der Gebrauchswert bei Karl Marx (Untertitel: „Eine Kritik der bisherigen Marx-Interpretation“) in dem Streifzüge-Schwerpunktheft zu finden ist. Näheres hier […]